Die verlängerte Gütergemeinschaft (§ 1483 BGB) ist in Deutschland inzwischen sehr selten und kann nur durch Ehevertrag und Wahl zunächst der Gütergemeinschaft und innerhalb dieser als Unterform der verlängerten Gütergemeinschaft erreicht werden. Ihr Vorteil in erbschaftsteuerrechtlicher Hinsicht ist die weitgehend unbekannte Vorschrift des § 4 ErbStG:
Hierbei bleiben nämlich, obwohl der Ehepartner das Gesamtgut beim Tod des anderen und der ansonsten – ohne Verlängerung der Gütergemeinschaft bzw. "Konsolidation" des Gesamtguts beim Überlebenden – greifenden Auflösung der Gütergemeinschaft übernimmt, den Kindern z.B. die Freibeträge nach dem Erstverstorbenen erhalten. Dafür wird bei ihnen ein steuerbarer Erwerb in Höhe der Hälfte des Gesamtgutsanteils des Erstverstorbenen, auch ohne zivilrechtlichen Eigentumsübergang unmittelbar, fingiert.
Das bedeutet eine Besserstellung gegenüber der Zugewinngemeinschaft in Verbindung mit einem Berliner Testament: Denn dort sind die Freibeträge nach dem Erstverstorbenen regelmäßig verloren, jedenfalls in Deutschland. In einigen ausländischen Rechtsordnungen, insbesondere in anglo-amerikanischen Rechtsordnungen, mit der dort zumeist geltenden verwandtschaftsunabhängigen Nachlasssteuer, aber unter regelmäßig ausschließlich persönlicher Befreiung des Ehepartners, sind oft Kinder als (Schluss-)Erben des zunächst als Alleinerbe eingesetzten, längstlebenden Ehepartners in einer dem gemeinsamen (Berliner) Testament ähnlichen Variante (in Südafrika z.B. "Massing") begünstigt: Ihnen wird der doppelte Freibetrag dann zugebilligt, wenn zunächst Vermögen des erstverstorbenen Ehepartners auf den Längstlebenden im ausreichenden Umfang überging und schließlich z.B. von Kindern als "Schlusserben" (iSd. ausländischen Rechts) des Längstlebenden erworben wird.
In Deutschland ohne vergleichbar gesetzliche Begünstigung der Schlusserben – bis auf ggf. ein Steuerklassenprivileg nach § 15 Abs. 3 ErbStG – werden sehr oft, zur "Rettung" wenigstens des persönlichen Freibeträge nach dem erstverstorbenen Ehepartner, nicht immer von der Rechtsprechung anerkannte Konstruktionen gewählt, testamentarisch beim Tod des ersten Ehepartners Zahlungsansprüche als Vermächtnis auszusetzen, die erst beim Tod des zweiten Ehepartners fällig werden.
§ 4 ErbStG gilt aber bislang nur für eine inländische verlängerte Gütergemeinschaft nach § 1483 BGB. Die Rechtsprechung zu ausländischen verlängerten Gütergemeinschaften ist in der Vergangenheit eher restriktiv gewesen. Sie sind, unabhängig von einer Prüfung auf zivilrechtliche Vergleichbarkeit mit der verlängerten Gütergemeinschaft nach § 1483 BGB oft als grundsätzlich nicht vergleichbar qualifiziert worden. Entsprechend wurde der Erwerb des überlebenden Ehepartners wiederholt als schlichter Erbschaftserwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG qualifiziert.
Beispiel
Die in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Eheleute möchten davon profitieren, dass bei einer Gütergemeinschaft in ihrem Wohnsitzstaat Frankreich der Erwerb des Anteils am Gesamtgut des Verstorbenen durch den Überlebenden steuerfrei ist, und zusätzlich eine Besteuerung der Kinder auch erst beim Tod des Letztversterbenden einsetzt. Sie vereinbaren deshalb eine in Frankreich vereinbarungsfähige Gütergemeinschaft für ihr weltweites Vermögen, das sie zuvor in jeweils hälftigen Bruchteilseigentum gehalten haben (daher kein Schenkungstatbestand in Deutschland bei Begründung der Gütergemeinschaft nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Später stirbt die Ehefrau zuerst, anschließend 7 Jahre später der Ehemann; nach ihm erben die Kinder.
Beim Tod der Ehefrau erwirbt der Ehemann in Frankreich steuerfrei. In Deutschland könnte § 4 ErbStG, die Fiktion des Soforterwerbes der Kinder, greifen. Die Rechtsprechung wendet allerdings § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an (fingierte Alleinerbenstellung des überlebenden Ehepartners).