II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat weitgehend Erfolg, da die zulässige Klage überwiegend begründet ist.

1. Der Antrag des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, den Notar T. von seiner notariellen Schweigepflicht zu befreien hinsichtlich des Inhalts des gemeinschaftlichen notariellen Testaments des Vaters des Klägers vom 21.8.2012, UR-Nr. 115/2012 zu befreien, ist gemäß § 111d S. 2 BNotO i.V.m. § 125 Abs. 1, § 88 VwGO im Hinblick auf das klägerische Vorbringen dahingehend auszulegen, dass der Notar von seiner Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Inhalts der letztwilligen Verfügung des Vaters des Klägers, wie er sich aus der beim Notar befindlichen Abschrift des notariellen Testaments vom 21.8.2012, UR-Nr. 115/2012 ergibt, befreit werden soll. Auf das Original des Testaments, das der Kläger für manipuliert hält und das sich nicht mehr beim Notar befindet, bezieht sich sein Antrag nicht, ebenso wenig auf den Inhalt der in dem gemeinschaftlichen Testament enthaltenen letztwilligen Verfügung der Ehefrau des Vaters.

Der Zusatz im erstinstanzlich gestellten Antrag, dass die Befreiung von der notariellen Verschwiegenheitspflicht "zwecks Einsichtnahme" in das Testament (bzw. dessen Abschrift) erfolgen solle, ist im Berufungsantrag entfallen. Darin liegt, wenn nicht lediglich eine Klarstellung, so allenfalls eine gemäß § 111b Abs. 1 S. 1 BNotO, § 173 S. 1 VwGO, § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres zulässige Beschränkung des Klageantrags.

2. Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage scheitert nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Abgesehen davon, dass die Annahme in dem angefochtenen Urteil, "angesichts des bisherigen Ablaufs" werde Notar T. selbst bei Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht nicht bereit sein, die vom Kläger gewünschte Einsicht oder Auskunft zu erteilen, in den Akten, insbesondere in dem Schreiben des Notars vom 8.5.2017 keine Grundlage findet, kommt es in diesem Rechtsstreit auf eine diesbezügliche Bereitschaft oder rechtliche Verpflichtung des Notars nicht an. Im Rahmen des § 18 Abs. 2, 2. Hs. BNotO ist nur über die auf einen bestimmten tatsächlichen Vorgang bezogene Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht zu entscheiden, aber nicht (auch nicht nur mittelbar) darüber, ob überhaupt und wie der bei einer stattgebenden Entscheidung von seiner Verschwiegenheitspflicht entbundene Notar dem Kläger die erstrebte Information zu verschaffen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 10.3.2003 – NotZ 23/02, DNotZ 2003, 780, 782, juris Rn. 24). Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es in diesem Rechtsstreit demnach auch nicht darauf an, ob er ein berechtigtes Interesse daran hat, die Abschrift des notariellen Testaments einzusehen und mit dem Original-Testament abzugleichen.

Im Übrigen wird hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

3. Die Klage ist auch überwiegend begründet. Die Ablehnung der Befreiung des Notars T. von der Verschwiegenheitspflicht durch den Bescheid des Beklagten vom 9.8.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Da die Sache wegen Ermessensreduzierung auf Null spruchreif ist, ist die Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, den Notar T. von der Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Inhalts der den Kläger betreffenden letztwilligen Verfügung seines Vaters, wie er sich aus der beim Notar befindlichen Abschrift des notariellen Testaments vom 21. August 2012, UR-Nr. 115/2012 ergibt, zu befreien (§ 111b Abs. 1 S. 1 BNotO, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Soweit sich der Klageantrag auf Befreiung des Notars von der Verschwiegenheitspflicht auch auf den Inhalt der letztwilligen Verfügung des Vaters erstreckt, die den Kläger nicht betrifft, ist die Klage indessen unbegründet.

a) Gemäß § 18 Abs. 2, 2. Hs. BNotO kann, wenn ein Beteiligter verstorben ist, die Aufsichtsbehörde an dessen Stelle den Notar von seiner gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BNotO bestehenden Pflicht zur Verschwiegenheit befreien. Dabei hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob der verstorbene Beteiligte, wenn er noch lebte, bei verständiger Würdigung der Sachlage die Befreiung erteilen würde oder ob unabhängig hiervon durch den Todesfall das Interesse an einer weiteren Geheimhaltung entfallen ist (Senatsbeschluss vom 10.3.2003 – NotZ 23/02, DNotZ 2003, 780, 781, juris Rn 22). Demnach genügt es für die Erteilung der Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht, wenn durch den Todesfall das Interesse des oder der Beteiligten an einer weiteren Geheimhaltung entfallen ist. Die weitere in dem vorgenannten Senatsbeschluss (aaO) genannte Voraussetzung für die Erteilung der Befreiung (dass "der verstorbene Beteiligte, wenn er noch lebte, bei verständiger Würdigung der Sachlage die Befreiung erteilen würde") ist, wie sich aus der Formulierung des Beschlusses "unabhängig hiervon" ergibt, entgegen der Ansicht des 17 – 9 – Oberlandesgerichts lediglich eine Alternative und muss daher nicht kumulativ zu der erstgenannten Voraussetzung hinzutreten.

Dies bedeutet – ...

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