Viele Mandanten beklagen, dass der Umzug in eine vielleicht jahre- oder jahrzehntelang von den Eltern bewohnte Wohnung oder bewohntes Haus nicht so ohne Weiteres möglich sei. Der Einzug in das Haus der Eltern setzt voraus, dass der Lebensmittelpunkt mit der gesamten Familie dort eingenommen wird. Das Haus scheint vielleicht gerade mit kleinen Kindern nicht sicher genug zu sein. Die alten, nicht mehr den DIN-Normen entsprechenden elektrischen Leitungen, die nicht mehr zeitgemäße Heizung, das undichte Dach etc. machen ihrer Meinung den unverzüglichen Einzug innerhalb von sechs Monaten gar nicht möglich. Es müssen Handwerker beauftragt werden. Bekanntermaßen sind diese derzeit völlig überlastet. Es fehlt an den notwendigen Baumaterialien – neue Heizungen und auch andere Materialien haben eine zum Teil überlange Lieferzeit.
In einer Entscheidung des BFH hat sich dieser mit der Verzögerung aufgrund Renovierungsarbeiten auseinandergesetzt. Hierzu heißt es:
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"Unverzüglich erfolgt eine Handlung nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Dies bedeutet, dass der Erwerber zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss. Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von 6 Monaten nach dem Erbfall. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Erwerber in der Regel prüfen, ob er einziehen will, entsprechende Renovierungsarbeiten vornehmen und den Umzug durchführen … ."
Weiter wird ausgeführt, dass für den Fall, dass die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen werden würde, auch dann eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen könne. In diesem Fall müsse der Erwerber aber darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen habe, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten habe.
Auch hierzu hatte der BFH in seinem bereits erwähnten Urteil Stellung genommen:
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Umstände in seinem [Anmerkung der Autorin: des Erwerbers] Einflussbereich, wie eine Renovierung der Wohnung, sind ihm nur unter besonderen Voraussetzungen nicht anzulasten.
In seiner Entscheidung stellt der BFH unter Verweis auf eine frühere Entscheidung fest:
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"Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegungen des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke zu stellen."
Unter der Prämisse, dass eine Steuerbefreiung nur unter bestimmten Voraussetzungen verfassungsgemäß und dies eigentlich nur durch eine "enge Auslegung" des Gesetzeswortlauts erfüllbar ist, muss man diese Fälle der Verzögerungen durch Renovierungsarbeiten sehr zurückhaltend beraten. Im Zweifel muss angeraten werden, den Umzug und Einzug und damit die Selbstnutzung innerhalb von sechs Monaten umzusetzen, um damit die Voraussetzung der unverzüglichen Selbstnutzung fristgerecht einzuhalten.