Warum Kinder schnell entscheiden sollten, wenn es um das Elternhaus geht
Bei aller Trauer gilt es nach dem Tod der Eltern einen kühlen Kopf zu bewahren und möglichst bald erste Entscheidungen zu treffen, denn sonst kann Erben schnell teuer werden. Das gilt v. a. dann, wenn es um ein größeres Vermögen geht. Immerhin bildet dessen Wert die Grundlage des individuellen Steuersatzes, nach dem das Finanzamt die zu zahlende Erbschaftsteuer ermittelt. Davon ausgenommen bleibt jedoch das Elternhaus, wenn die Kinder die strengen Voraussetzungen erfüllen.
Wer sich zu spät entscheidet, den trifft die Erbschaftsteuer
Wie eng die Anforderungen an die steuerfreie Erbschaft des Elternhauses ausgelegt werden, musste der Erbe eines von seinem Vater alleine genutzten Zweifamilienhauses erfahren. Über ein Jahr benötigten er und sein Bruder, bis sie die Erbengemeinschaft an der gemeinsam geerbten Immobilie aufgelöst hatten. Mehr als ein halbes Jahr dauerte es danach, bis der Erbe als Alleineigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde. Ebenfalls deutlich länger als 6 Monate ließ er sich dann nochmals Zeit, bevor er Angebote zur Renovierung des Hauses einholte.
Trotz dieses langen zeitlichen Vorlaufs ging der Erbe davon aus, dass er das Familienheim steuerfrei erworben hatte. Gegen die Steuerfestsetzung des Finanzamts klagte er daher vor dem Finanzgericht Münster. Seine Klage wies das Gericht jedoch ab und begründete dies damit, dass er seinen Wohnsitz nicht unverzüglich in sein Elternhaus verlegt hatte. Als unverzüglich gilt dabei ein Zeitraum von 6 Monaten. Bestätigt wurde diese Entscheidung vom Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 28.05.2019 - II R 37/16).
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Wann einem Erben mehr Zeit zum Einzug bleibt
In begründeten Ausnahmefällen können Erben allerdings auch nach Ablauf eines halben Jahres noch von einer Steuerbefreiung bei der elterlichen Immobilie profitieren. Dabei kommt es darauf an, dass sie den Grund für die Verzögerung nicht zu vertreten haben. Denkbar wäre dies, wenn Erbstreitigkeiten den Einzug innerhalb der Frist verhindern. Auch ein schwerer Baumangel, der beseitigt werden muss, bevor das Haus oder die Wohnung zum Familiensitz werden, zählt dazu.
Je länger sich die Selbstnutzung hinauszögert, desto höher sind allerdings die Anforderungen an den Erben, die Ursache dafür glaubhaft zu begründen. Entsprechend wichtig ist, bereits bei der Planung umfangreicher Renovierungsarbeiten an mögliche Verzögerungen zu denken. Nachweise darüber, wer oder was deren Auslöser ist, lassen sich dann leichter beibringen.
Antrag auf Steuerbefreiung für das Familienheim
Die Steuerbefreiung auf das Familienheim erhalten Kinder ohnehin nicht durch ihren bloßen Einzug in das von den Eltern geerbte Haus oder die Wohnung. Damit das Finanzamt keine Erbschaftssteuer für die Immobilie festsetzt, müssen sie dazu im Rahmen der Erbschaftssteuererklärung einen gesonderten Antrag stellen. In der "Anlage Steuerbefreiung Familienheim" sind die genaue Lage des Objekts, die gesamte Wohn- und Nutzfläche sowie die Größe der bisher vom Erblasser selbst genutzten Wohnung anzugeben. Außerdem werden Informationen zu möglichen mit der Immobilie verbundenen Schulden abgefragt.
Konnten Vater oder Mutter das Haus oder die Wohnung zuletzt nicht mehr selbst nutzen, müssen Erben die Gründe dafür angeben. Denn nur Objekte, die bis zuletzt vom Erblasser tatsächlich bewohnt wurden, können vom Finanzamt als Familienheim anerkannt werden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn dies aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht möglich war.
Abgabe der Erbschaftssteurerklärung
Eine Erbschaftssteuererklärung müssen Erben allerdings nicht unaufgefordert abgeben. Stattdessen können sie warten, bis das zuständige Finanzamt sie dazu auffordert. In dieser Aufforderung ist dann auch der Termin genannt, bis zu dem die ausgefüllte Steuererklärung abgegeben werden muss.
Bereits zuvor sollten Erben von Grundbesitz jedoch beachten, dass sie eine Meldepflicht gegenüber dem Finanzamt haben. Das heißt, dass sie die Behörde innerhalb von 3 Monaten nach dem Tod des Erblassers über den Erbfall informieren müssen. Bestand ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag, benachrichtigen außerdem das Nachlassgericht oder der Notar das Finanzamt über den Erbfall.
Praxis-Tipp: Was Eltern und Kinder zur Immobilienerbschaft wissen müssen
Sterben die Eltern, profitieren Kinder grundsätzlich von einem Freibetrag i. H. v. 400.000 EUR. In Anspruch nehmen können sie ihn beim Tod jedes Elternteils und unabhängig von der Art des Vermögens. Übersteigen die Vermögenswerte den Freibetrag, wird auf den Differenzbetrag Erbschaftsteuer fällig. Diese berechnet sich nach dem individuellen Steuersatz des Kindes, der je nach Vermögen von 7 % bis hin zu 30 % Prozent reichen kann.
Besteht das Erbe aus einer selbstbewohnten Immobilie der Eltern, können die Kinder sich eine Besonderheit zu Nutze machen. Entscheiden sie sich, dort ihren Familienwohnsitz einzurichten, genießen sie dafür Steuerfreiheit. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen Erbfall und Einzug max. 6 Monate liegen. Außerdem darf die Immobilie höchstens 200 qm Wohnfläche bieten und muss für die nächsten 10 Jahre als Erstwohnsitz dienen.
Zu beachten ist, dass die Erbschaftsteuer bei einem Umzug innerhalb dieser Frist rückwirkend anfällt. Für Eltern und Kinder, die unsicher sind, ob sie diese Anforderungen erfüllen können, lohnt es sich frühzeitig über eine Schenkung nachzudenken. Denn der Steuerfreibetrag gilt in diesem Fall genau wie bei der Erbschaft und kann alle 10 Jahre erneut ausgeschöpft werden.
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