Der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) ist eine Form der Dienstbarkeit und berechtigt den Nießbraucher, selbst die Nutzungen aus dem belasteten Gegenstand zu ziehen. Damit korrespondiert die Verpflichtung, die bisherige Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten. Während beim Vorbehaltsnießbrauch der Übergeber sich selbst die Sache bei der Übertragung vorbehält, wird durch den Zuwendungsnießbrauch das Nießbrauchrecht einem Dritten eingeräumt, der nicht Eigentümer ist, z.B. der Ehemann, der Grundstückseigentümer ist, überträgt seiner Ehefrau den Nießbrauch an dem Grundstück.

Der Nießbrauch kann auch in Bruchteilen erfolgen, indem z.B. der Alleineigentümer eines Grundstücks auf seine beiden Kinder einen Nießbrauch zu einer Quote von je 20 % überträgt.

 

Beachte:

Bei einem Nießbrauch beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht zu laufen, da der Eigentümer die wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten des Vertragsgegenstands noch nicht aus der Hand gegeben hat. Zu laufen beginnt die für Pflichtteilsergänzungsansprüche maßgebliche Zehn-Jahres-Frist erst mit Beendigung des Nießbrauchs, d.h. in der Regel mit dem Tod des Nießbrauchers.

Erbschafts- und schenkungssteuerlich wird ein gesonderter Grundstückswert festgestellt und hiervon die Nießbrauchsbelastung mit ihrem kapitalisierten Wert abgezogen. Der Jahreswert wird aus den durchschnittlichen Erträgen aus dem Grundstück ermittelt und ist dann mit dem Multiplikator entsprechend dem Lebensalter des Berechtigten zu kapitalisieren. Wenn beide Elternteile berechtigt sind, richtet sich der Vervielfältiger nach dem Lebensalter des statistisch Längerlebenden. Beim Kapitalwert wird ein Zinssatz von 5 % berücksichtigt. Wenn in dem Gebäude nur Wohnräume vermietet werden, ist sowohl vom Grundstückswert als auch vom Kapitalwert des Nießbrauchs ein Abschlag von 10 % vorzunehmen.

Beim Tod des Erstversterbenden geht die Belastung auf die weiteren Berechtigten über. Wenn der Berechtigte innerhalb von ein bis zehn Jahren (je nach Lebensalter des Berechtigten) nach der Nießbrauchsbestellung verstirbt, kann es zu einer Änderung des ursprünglich kapitalisierten Nießbrauchwerts kommen. In diesen Fällen kann die ursprünglich festgesetzte Schenkungsteuer vom Finanzamt geändert werden, wenn noch keine Zahlungsverjährung eingetreten ist, d.h. fünf Jahre nach der erstmaligen Steuerfälligkeit.

Eine sinnvolle Variante kann hier folgende Gestaltung sein: Der Ehemann überträgt unter Zurückbehaltung des Nießbrauchs ein Mietgrundstück an die gemeinsame Tochter. Es ist vorgesehen, dass seine Ehefrau nach seinem Tod eine Rente aus den Grundstückserträgen erhalten soll. Bei Festsetzung der Schenkungsteuer wird nur der Nießbrauch abgezogen und nicht die Rente, weil deren Entstehung ungewiss ist, da sie davon abhängt, ob die Ehefrau den Ehemann überlebt. Wenn dieser Fall eintritt, wird die Rente vom ursprünglichen Schenkungswert abgezogen. Die Kapitalisierung wird dann vom Zeitpunkt des Rentenbezugs nach dem Lebensalter der Ehefrau vorgenommen. Die Berichtigung erfolgt nur auf Antrag ohne zeitliche Begrenzung wegen der Festsetzungsverjährung.[20]

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