Vor diesem Hintergrund gilt es zunächst zu klären, welche Sachverhalte nach ertragsteuerlichen Grundsätzen überhaupt als vGA zu qualifizieren sind. Dabei sind die körperschaftsteuerlichen Maßstäbe auf der einen Seite (Gesellschaftsebene) und die einkommensteuerlichen auf der anderen Seite (Gesellschafterebene) getrennt voneinander zu betrachten.
a) Gesellschaftsebene
Eine verdeckte Gewinnausschüttung iSd § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine bei einer Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden (= offenen) Ausschüttung steht.
Im Regelfall ist eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.
b) Gesellschafterebene
Auch iSv § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt eine vGA vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA aber grundsätzlich nur dann beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt. Das kann allerdings auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter bereits dann anzunehmen sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person ist stets unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Der I. Senat des BFH hat dies für die vGA iSv § 8 Abs. 3 S. 2 KStG angenommen; für die vGA im einkommensteuerrechtlichen Sinne gilt prinzipiell nichts anderes, solange nur die Vermögensminderung bei der Gesellschaft grundsätzlich geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug iSv § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen.
c) Subjektiver Tatbestand
Ein "Wille zur vGA" ist weder körperschaft- noch einkommensteuerrechtlich erforderlich. Vielmehr wird die subjektive Beurteilung durch den handelnden Geschäftsführer insoweit objektiviert, als lediglich ein tatsächlicher Handlungswille bestehen muss. Des Weiteren muss ausgeschlossen sein, dass auch ein gewissenhafter Geschäftsleiter die Zuwendung in dieser Form (bzw. zu diesem Zeitpunkt) ausgeführt hätte und dass einem Gesellschafter oder einem Dritten auf diese Weise ein Vermögensvorteil zufließt. Im Übrigen spielen die konkreten Motive des Handelnden keine Rolle.