Leitsatz
Die Frage, ob ein Ausschluss der Ausgleichungspflicht nach § 2057a BGB durch letztwillige Verfügung erfolgen kann, ist weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum umstritten. Nach einhelliger Ansicht der Literatur kann der Erblasser eine solche Ausgleichung durch Verfügung von Todes wegen einschränken oder ausschließen.
BGH, Beschl. v. 24.3.2021 – IV ZR 269/20
1 Tatbestand
I.
Die Parteien sind zwei der drei Kinder der am 4.2.2017 verwitwet verstorbenen Erblasserin. Diese hatte in ihrem notariellen Testament vom 31.8.2015 unter § 2 den Beklagten als Alleinerben eingesetzt. Weiter heißt es dort:
"Zur Begründung weise ich darauf hin, dass mein Sohn [Beklagter] seit dem Jahr 2007 meine Pflege und Betreuung übernommen hat. Hierzu führe ich im Einzelnen aus:"
Ich bin seit spätestens Oktober 2007 pflegebedürftig und bedarf der häuslichen Pflege. Diese Pflege wird ausschließlich allein von meinem Sohn [Beklagter] durchgeführt, […]
Er verwaltet darüber hinaus auch das Mehrfamilienhaus und kümmert sich allein um die Grabpflege des Grabes meines verstorbenen Ehemannes.
Aus den vorgenannten Gründen sollen die beiden anderen Kinder lediglich ihren Pflichtteil erhalten, wobei ich darauf hinweise, dass mein Sohn [Kläger] zur Anrechnung auf den Pflichtteil bereits 10.000 EUR am 18.11.2010 erhalten hat. …“
Der Nettonachlass belief sich auf 337.249,29 EUR. Auf die vom Kläger geltend gemachte Pflichtteilsforderung zahlte der Beklagte 14.541,55 EUR und lehnte eine weitere Zahlung unter Hinweis auf einen ihm zustehenden Ausgleichsanspruch aus § 2057a BGB ab. Er hatte Pflegeleistungen für die Erblasserin erbracht.
2 Gründe
II.
Mit seiner Klage hat der Kläger eine Pflichtteilszahlung von weiteren 41.666,66 EUR verlangt.
1. Das Landgericht hat ihm unter Abweisung der Klage im Übrigen 31.666,66 EUR nebst Zinsen zugesprochen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
2. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auf den Pflichtteilsanspruch des Klägers, der ein Sechstel des Nachlasses, mithin 56.208,21 EUR, betrage, habe der Beklagte bereits einen Teilbetrag in Höhe von 14.541,55 EUR geleistet und das Landgericht aufgrund der Anrechnungsbestimmung im notariellen Testament einen Betrag in Höhe von 10.000 EUR in Abzug’gebracht, so dass ein Zahlungsanspruch in Höhe von 31.666,66 EUR zugunsten des Klägers verbleibe. Zu Recht habe das Landgericht eine Ausgleichungspflicht gemäß §§ 2316, 2057a BGB abgelehnt. Die auch im Falle der Alleinerbschaft grundsätzlich bestehende Ausgleichungspflicht wegen der erbrachten (Pflege-)Leistungen sei von der Erblasserin in ihrem notariellen Testament abbedungen worden. Eine von § 2057a BGB abweichende Testierung sei grundsätzlich möglich und hier auch erfolgt. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis dafür erbracht, dass die Erblasserin entgegen der Vermutung des § 2057a BGB die Ausgleichungspflicht in ihrem Testament ausgeschlossen habe. Aus dem notariellen Testament lasse sich der Wille der Erblasserin entnehmen, dass die Ausgleichung vom Beklagten erbrachter Pflegeleistungen nicht gewollt gewesen sei, auch wenn sie dies in ihrem Testament nicht ausdrücklich angeordnet habe. Für diesen Willen der Erblasserin spreche vor allem die Begründung der Einsetzung des Beklagten als ihren Alleinerben. Als Grund dafür führe sie dessen Pflegeleistungen und seine Hilfe bei der Verwaltung des zum Nachlass gehörenden Mehrfamilienhauses an. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Notars könne nicht festgestellt werden, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments einen anderen Willen gehabt habe.
Ein Kürzungsrecht gemäß § 2318 Abs. 1 BGB stehe dem Beklagten nicht zu. Zwar stelle die Erklärung eines Erblassers, durch die die Ausgleichspflicht abbedungen werde, in der Regel ein Vermächtnis dar. Bei einem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer sei allerdings gemäß § 2318 Abs. 2 BGB zu beachten, dass diesem der Pflichtteil zu verbleiben habe.
3. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; der Rechtssache kommt – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zu. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a S. 1 ZPO).
1. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO, die das Berufungsgericht hier angenommen hat, setzt voraus, dass die Rechtssache eine Rechtsfrage als im konkreten Fall entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klärungsfähig aufwirft und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senatsbeschlüsse vom 28.2.2019 – IV ZR 153/18, FamRZ 2020, 287 Rn 9; vom 23.9.2015 – IV ZR 484/14, VersR 2016, 388 Rn 14 m.w.N.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden i...