Glunz beschäftigte sich in seiner 2012 veröffentlichten Doktorarbeit mit den psychologischen Effekten beim gerichtlichen Einsatz von Videotechnik. Er blickt hierin auf der Grundlage bisheriger Studien und Erkenntnisse (insbesondere aus dem anglo-amerikanischen Raum) auf die Wahrnehmungs- und Kommunikationsbedingungen in Videokonferenzen (6. Kapitel) und deren Auswirkungen auf den kognitiven Austausch der Beteiligten (7. Kapitel) und entwickelt hieraus Hypothesen für den deutschen Zivilprozess. Konkret vermutet er, dass sich durch die in einer Videokonferenz unbestreitbar veränderte Konversationsstruktur bei der typischen gerichtlichen Kommunikation in Form eines durch das Gericht geleiteten (§ 136 Abs. 2 S. 1 ZPO) Frage-Antwort-Schemas voraussichtlich keine wesentlichen Nachteile einstellen werden, dass sich aber (schwache) negative psychologische Effekte im Rahmen eines aufgelockerten Diskurses einstellen können. Ein Abgleich dieser Hypothesen mit praktischen Erfahrungen war Glunz indes nur bedingt möglich, weil es an wissenschaftlichen Studien zum Thema mangelt, subjektive Einschätzungen keine zuverlässige Erkenntnisquelle darstellen, zumal die Erfahrungsberichte aus der Praxis unterschiedlich ausfallen. Im’Weiteren blickt Glunz auf die sozio-emotionalen Auswirkungen in Verhandlungs- und konfliktgeladenen Gesprächen, konstatiert – erneut auf der Basis von eher allgemeineren Experimenten, etwa Rollenspielen und Social Dilemma Games –, dass davon auszugehen ist, dass die Konfliktintensität abnehme, Kooperationsbereitschaft verringert und Vertrauensbildung erschwert sei, die Überzeugungskraft des Gegenübers abnehme und die Wahrscheinlichkeit für "kreative" (integrative) Verhandlungslösungen sinke. Statistisch verhielten sich Personen mithin auf den ersten Blick "friedlicher", tatsächlich wohl eher verbal passiver (verringerte Konfliktintensität), während sie inhaltlich tendenziell etwas verhärten (geringere Kooperationsbereitschaft), weniger empfänglich sind (geringere Überzeugungskraft).
Darüber, wie sich diese geschilderten Veränderungen auf das’Ergebnis eines verhandlungs- oder konfliktgeladenen Gesprächs auswirken, liegen – so Glunz weiter – keine gesicherten Erkenntnisse vor, was die Übertragbarkeit dieser Erkenntnisse auf den Zivilprozess erschwert. Glunz vermutet (nachvollziehbar), dass sich diese Effekte auf die streitige Verhandlung, das Gespräch zu Tatsachenfragen und Rechtsfragen nicht’nachteilig auswirken werden, indes negative Auswirkungen für Vergleichsbehandlungen haben könnten, insbesondere dann, wenn hinter dem akuten Rechtsstreit (Sachproblem) ein umfassender Konflikt (Beziehungsproblem) stehe. In solchen Fällen, in denen ein "Befriedungsvergleich" wünschenswert sei bzw. angestrebt werde, könne die Videokonferenz nachteilig sein.