Lange waberte das Gerücht durch Deutschland, dass die Stadt Bielefeld in Wirklichkeit nicht existiert. Nun können alle Skeptiker aufatmen. Bielefeld existiert. Im Jahre 1994 hatte seinerzeit Achim Held mit dem Spruch: "Bielefeld gibt es doch gar nicht!" die sog. Bielefeld-Verschwörung kreiert. Fortan war es ein geläufiger Spruch, dass Bielefeld gar nicht existent sei. Wie nervig dieser Ausspruch für Bielefelder Kollegen gewesen sein muss, mag man sich nicht ausmalen wollen.
Im Jahre 2019 hatte nun die Marketing-Abteilung der Stadt Bielefeld eine Million EUR Preisgeld ausgelobt, dabei galt es die Aufgabe zu bewältigen: Wer beweist, dass es Bielefeld wirklich nicht gibt, sollte gewinnen. Nun (vier Jahre später) musste tatsächlich das LG Bielefeld im Namen des Volkes urteilen: Es war doch nur ein Scherz. Oder auf Juristen-Deutsch: "Es handelte sich nach dem objektiven Empfängerhorizont aller zur Auslobung veröffentlichten Texte, wie auch der Teilnahmebedingungen, um eine scherzhafte Marketingaktion."
Der Kläger behauptete jedoch für sich, dass er bewiesen haben wollte, dass es Bielefeld nicht gibt. Die Beklagte Stadtmarketing hatte die Belohnung anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der sog. Bielefeld-Verschwörung 2019 ausgelobt. Unter dem Motto "#Bielefeldmillion – Das Ende einer Verschwörung" wurde dazu aufgerufen, zu beweisen, dass die ostwestfälische Metropole mit rund 340.000 Einwohnern nicht existiert. Zwei Wochen lang konnten Teilnehmer ihre "Beweise" einreichen, die Teilnahmebedingungen standen dabei abrufbar im Internet. Der Kläger schickte im August 2019 einen Beweis für die Nichtexistenz der Stadt ein und begründete ihn mit einem sog. Axiom, einer theoretisch abstrakten grundlegenden Aussage, die ohne Beweis gültig ist.
Mit diesem Begehren scheiterte nun der Kläger, das LG wies die Klage humorlos ab. Es sei nach der Veröffentlichung aller zum Wettbewerb erfolgten Texte des Stadtmarketings und auch der Teilnahmebedingungen deutlich gewesen, dass es sich um eine scherzhafte Marketing-Aktion gehandelt habe. So heißt es weiter: "Der erforderliche Erfolg wäre nach dem objektiven Empfängerhorizont nur der offensichtlich unmögliche empirische Beweis der Nichtexistenz Bielefelds gewesen. Der axiomatische Beweis innerhalb eines axiomatischen Systems war nicht erfasst."
Bei dieser Begründung lies es das LG nicht bewenden und legte nochmals inhaltlich nach: Das LG benannte gleich einige Beispiele, an denen der Kläger hätte erkennen können, dass die ganze Aktion nicht ganz ernst gemeint war. Zum Beispiel habe die Stadt ausgeführt, wer neben den Mitarbeitern der Stadt selbst nicht teilnehmen dürfe: "Mitarbeiter von Geheimdiensten, Mitglieder der Illuminati und Achim Held, der Erfinder der Verschwörung."
Auch die im Aufruf beispielhaft angeführten Beweise verdeutlichen nach Ansicht des LG die Ausrichtung des Wettbewerbs: "Die Echsenmenschen aus dem Inneren der Erde haben dich angerufen und du hast es auf Band? Du hast die Landung eines Ufos in Bielefeld-Baumheide fotografiert? Kondensstreifen am Himmel haben dir eine geheime Botschaft zukommen lassen? Du hast da mal was auf Facebook gelesen? Zeig uns deine Beweise."
Das LG kommt daher zum Grundsatzurteil mit weitreichenden Folgen für die Bevölkerung, nämlich: "Dass die Stadt Bielefeld existiert, ist eine offenkundige Tatsache und bedarf keines Beweises (im Sinne der ZPO), § 291 ZPO." Dem Kläger steht demnach die Belohnung in Höhe von einer Million EUR nicht zu. Die Kosten des Verfahrens hat er nun auch noch zu tragen.
Der ZErberus grüßt herzlich nach Bielefeld; schön, dass es Euch gibt!
ZErb 7/2024, S. I