Eine genauere Betrachtung erfordert zudem der Erwerb von Anteilen an einer gGmbH.
Ist der Anteilserwerber eine natürliche Person bzw. eine nichtgemeinnützige Körperschaft, ist mangels einschlägiger Steuerbefreiung die Bereicherung des Erwerbers zu ermitteln, § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG.
Anteile an Kapitalgesellschaften sind – sofern sie nicht unter § 11 Abs. 1 BewG fallen – mit dem gemeinen Wert anzusetzen, § 11 Abs. 2 S. 1 BewG. Nach § 9 Abs. 2 S. 1 BewG wird der gemeine Wert primär durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Lässt sich ein gemeiner Wert mangels weniger als ein Jahr zurückliegender Verkäufe unter Dritten nicht feststellen, so ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten Methode zu ermitteln, wobei der Substanzwert der Gesellschaft nicht unterschritten werden darf, § 11 Abs. 2 S. 2, 3 BewG.
Insoweit sind zunächst die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungen von Geschäftsanteilen an einer gGmbH zu betrachten (1.) und sodann die Auswirkungen eines nachträglichen Entfalls der Gemeinnützigkeit zu prüfen (2.).
1. Erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung von’Geschäftsanteilen an einer gGmbH
Fraglich ist, ob die vorstehenden Grundsätze uneingeschränkt für die gGmbH samt ihren gemeinnützigkeitsrechtlichen Restriktionen angewendet werden können.
Dabei bedarf insbesondere die Herangehensweise der Finanzverwaltung in der Vergangenheit und Gegenwart einer genaueren Betrachtung.
a. Stuttgarter Verfahren
In der Vergangenheit – d.h. bis zum 31.12.2008 – hat die Finanzverwaltung die aus der Gemeinnützigkeit folgenden Beschränkungen entsprechend den Erbschaftsteuerrichtlinien nach dem sog. Stuttgarter Verfahren im Zuge der eigentlichen Bewertung der Anteile berücksichtigt. § 11 Abs. 2 BewG sah seinerzeit (bis zum 31.10.2006) eine Bewertung dergestalt vor, dass der gemeine Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen sei.
Das Stuttgarter Verfahren setzte bei der Bestimmung des gemeinen Werts gemeinnütziger Geschäftsanteile stets einen Wert von 70 % des Nennwerts an. Ertrags- und Substanzwert fanden keine Berücksichtigung.
Mit der Änderung des § 11 Abs. 2 BewG, wonach eine Bewertung nur noch unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten erfolgen könne, wurde das Stuttgarter Verfahren gegenstandslos. Fortan war unklar, wie der gemeine Wert der Geschäftsanteile an einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft zu ermitteln war.
b. Auffassung der Finanzverwaltung
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben am 9.10.2013 in koordinierten Erlassen zur erbschaftsteuer- und bewertungsrechtlichen Behandlung von Anteilen an gemeinnützigen Kapitalgesellschaften Stellung genommen.
Die Finanzverwaltung bewertet die Anteile nunmehr zunächst "normal", d.h. ohne Berücksichtigung der sich für den Erwerber aus den gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen ergebenden Beschränkungen (erste Stufe). Die gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen werden stattdessen im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG als auflösend bedingte Last berücksichtigt (zweite Stufe). Dabei entspricht die Höhe der in Abzug zu bringenden Last "grundsätzlich der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der erworbenen Anteile an der Kapitalgesellschaft und dem Betrag, den der Erwerber der Anteile nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 und Nr. 2 AO bei seinem Ausscheiden […] ohne Verstoß oder Beeinträchtigung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen zurückerhalten kann".
Tritt die auflösende Bedingung nach dem Erbfall ein, ist die Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer gem. § 7 Abs. 2 BewG zu berichtigen (dritte Stufe).
c. Stellungnahme
Die Beweggründe der Finanzverwaltung sind rechtspolitisch nachvollziehbar, dogmatisch jedoch mehr als zweifelhaft. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sind die gemeinnützigkeitsrechtlichen Beschränkungen im Gesellschaftsvertrag im Rahmen der Bewertung (erste Stufe) zu berücksichtigen und nicht als Last zu qualifizieren.
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass § 11 Abs. 2 BewG den § 9 BewG als lex specialis ausschließe und der Substanzwert mithin auch dann den Mindestwert bildet, wenn feststeht, dass eine Veräußerung des Geschäftsanteils am Markt zu diesem Preis nicht erfolgen kann.
Dem steht die verfassungskonforme Auslegung der §§ 9, 11 BewG entgegen. Vielmehr muss auf die Generalnorm des § 9 BewG zurückgegriffen werden können, "wenn im Rahmen des § 11 Abs. 2 BewG nicht alle den Preis beeinflussenden Umstände berücksichtigt werden können".
Nach ...