Leitsatz
1. Bei einem mangels notarieller Beurkundung formunwirksamen Schenkungsversprechen einer Person wird der Formmangel zivilrechtlich durch Bewirkung der – von der inzwischen verstorbenen Person zu Lebzeiten – versprochenen Leistung durch deren Erben geheilt, was auch erbschaftsteuerrechtlich zu beachten ist.
2. Erbschaftsteuerrechtlich ist die Bewirkung eines vom Erblasser zu Lebzeiten gegebenen formunwirksamen Schenkungsversprechens unter Lebenden nach dem Tode des Erblassers durch den Erben nach Maßgabe der Grundsätze in § 41 Abs. 1 S. 1 AO beachtlich.
3. Nach dem nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG geltenden Grundsatz der Besteuerung nur im Umfang der Bereicherung des Erben sind alle mit dem Erwerb in Verbindung stehenden entreichernden Posten abzuziehen. Dies gilt auch, wenn ein Erbe ein formunwirksames Schenkungsversprechen des Erblassers unter Lebenden, das dieser aufgrund seines Todes nicht mehr erfüllen kann, unter Anerkennung und Beachtung dieses Willens gegenüber dem Versprechensempfänger erfüllt.
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 9.12.2008, 1 K 1709/06
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Alleinerbin nach ihrer (...) 1999 verstorbenen Mutter (Erblasserin). In ihrer Erbschaftsteuererklärung vom 24.2.2000 gab sie als Nachlassverbindlichkeiten unter anderem ein "Vermächtnis" zugunsten ihres Sohnes in Höhe von 100.000 DM an. Der Erbschaftsteuererklärung war unter anderem ein schriftlicher Vermerk des Leiters der Geschäftsstelle … der X-Bank vom 4.1.1999 über eine Besprechung mit der Klägerin, ihrem Ehemann und deren Sohn S vom gleichen Tage beigefügt. Danach sei ein Gespräch über eine Hausfinanzierung geführt worden. Der Ehemann der Klägerin habe während dieses Gespräches erklärt, dass die Erblasserin beabsichtige, der Klägerin 400.000 DM und dem Enkel S 100.000 DM zu schenken. Der Beklagte setzte mit Erbschaftsteuerbescheid vom 26.8.2002 die Erbschaftsteuer in Höhe von 336.736 DM fest. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Erbschaftsteuer wird auf die Anlage zum Erbschaftsteuerbescheid (Blatt 59, 60 der Behördenakte) verwiesen. Die als Vermächtnis geltend gemachten 100.000 DM berücksichtigte der Beklagte nicht als Nachlassverbindlichkeit, weil allein die mögliche Absicht der Erblasserin, einen Betrag von 100.000 DM zu schenken, keine Nachlassverbindlichkeit darstelle.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid am 17.09.2002 Einspruch ein. (...) Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2006 den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. (...)
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist begründet. Die Nichtberücksichtigung eines Betrags von 100.000 DM als Nachlassverbindlichkeiten bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer in dem angefochtenen Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sind die vom Erblasser herrührenden Schulden als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Dies sind die zu Lebzeiten des Erblassers entstandenen Schulden beziehungsweise Verbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch bestanden und ihn wirtschaftlich belastet haben.
Vorliegend ist der Nachlass durch ein Schenkungsversprechen der Erblasserin über 100.000 DM belastet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Erblasserin zu ihren Lebzeiten ein mündliches Schenkungsversprechen über 100.000 DM zugunsten des Zeugen S abgegeben hat.
Die Klägerin hat insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung unter Ergänzung beziehungsweise Konkretisierung ihres bisherigen Vorbringens ausgeführt, es sei nach dem Tod ihres Vaters im … 1997 die Idee entwickelt worden, dass sie und ihre Familie gemeinsam mit der Erblasserin in ein Haus ziehen wollten. Dieser Gedanke sei von der Erblasserin an sie herangetragen worden, da sie auch die Pflege übernehmen sollte. Die Erblasserin habe von vornherein die volle Finanzierung des zu erwerbenden Objekts zugesagt. Zu diesem Zweck habe sie nach Beratung mit ihrem Steuerberater für die Bezahlung des Kaufpreises ihr, der Klägerin, 400.000 DM und dem Enkel 100.000 DM als Schenkung zugesagt, den Restbetrag habe sie als zinsloses Darlehen zur Verfügung stellen wollen. Die Erblasserin sei in die das ganze Jahr 1998 andauernde Suche nach einer geeigneten Immobilie eingebunden gewesen. Es sei ihr Wille gewesen, das letztendlich angeschaffte Objekt … in … zu erwerben.
Die Behauptungen der Klägerin wurden durch die Angaben des Steuerberaters der Erblasserin und später der Familie der Klägerin sowie des Ehemanns und des Sohnes der Klägerin bei ihrer Vernehmung als Zeugen bestätigt.
Nach den Angaben des Zeugen B war dieser bereits seit 197… steuerlicher Berater der Erblasserin und ihres Ehemanns. Er habe nach dem Tode des Ehemanns der Erblasserin im … 1997 während eines Treffens mit der Erblasserin im … 1997, bei dem auch die Klägerin sowie deren Ehemann und Sohn anwesend gewesen seien, diese über die Höhe des...