Das Telekommunikationsgeheimnis reicht insoweit auch nicht weiter als das Postgeheimnis. Auch aus § 39 Abs. 4 S. 2 PostG ergibt sich nichts anderes.
a) Parallele Vorschriften in PostG und TKG; Unterschiede systemimmanent
Nachdem § 39 Abs. 3 PostG sich inhaltlich nahezu wortgleich mit § 88 Abs. 3 TKG deckt, sieht § 39 Abs. 4 PostG Ausnahmen vor: "Die Verbote des Absatzes 3 gelten nicht, soweit die dort bezeichneten Handlungen erforderlich sind, um 1. bei entgeltbegünstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher Voraussetzungen zu prüfen, 2. den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern, 3. den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfänger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln, 4. körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für Personen und Sachen ausgehen. Die Auslieferung von Postsendungen an Ersatzempfänger im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung mit dem Absender ist zulässig."
Dass sich diese Ausnahmen in § 88 TKG nicht finden, liegt ausnahmslos in der unterschiedlichen Natur dessen begründet, was zugestellt werden soll:
▪ |
Will der Absender eine Postkarte entgeltbegünstigt verwenden, kann er dies nicht in einem verschlossenen Umschlag tun, weil dann die Voraussetzungen für die Entgeltbegünstigung von der Post nicht geprüft werden können. Solche "Entgeltbegünstigungen" gibt es bei Providern nicht. |
▪ |
Ein beschädigter Briefumschlag oder Versandkarton muss ersetzt werden, um den Inhalt der Sendung zu schützen. Wer hingegen beschädigte Dateien vorfindet, benötigt zur Reparatur keinen Zugriff auf den Inhalt. |
▪ |
Ebenso wenig braucht es iRd TKG eine Auslieferung an Ersatzempfänger. Eine solche ist nur dann erforderlich, wenn eine körperliche Zustellung an die Adresse des Empfängers notwendig, aber nicht möglich ist, weil bei der Adresse des Empfängers niemand angetroffen wird und ein Briefkasten oder sonstige Vorrichtung nicht vorhanden ist. Das aber kann im digitalen Bereich nicht vorkommen, da hier schlicht an das digitale Postfach zugestellt werden muss, das denknotwendigerweise beim Empfänger vorhanden sein muss. |
▪ |
Vorstellbar mag eine Analogie allein in folgendem Fall sein: Ein zuzustellendes Paket, das nicht in den Briefkasten des Empfängers passt, mag vergleichbar sein mit digitalen Inhalten, die – wie z. B. der Anhang einer Email – nicht zugestellt werden können, weil die Datenmenge zu groß ist. Anders als bei Paketen ist aber für den Provider kein umständliches Hin- und Hertransportieren notwendig. Vielmehr erhält der Absender eine Mail, in der ihm bekannt gegeben wird, dass die Datenmenge zu groß und damit nicht zustellbar ist. Es bleibt ihm unbenommen erneut mehrere Emails mit kleineren Anhängen zu senden. Hierzu müssen nur die automatischen Abläufe beim Provider wiederholt werden. Eine Zustellung an Ersatzempfänger wie Nachbarn oder Angehörige ist aufgrund der unterschiedlichen Zustell-Inhalte schlicht nicht nötig, zumal es nicht auf eine räumliche Nähe zum Empfänger ankommt und auch die Zustellung an ein anderes Postfach (welches?), mit größerem Datenvolumen scheint kaum sinnvoll. |
b) Erben sind in den AGB der Deutschen Post als (Ersatz-)Empfänger nicht genannt
Diesen Befund bestätigt ein Blick auf die vom KG beispielhaft zitierten AGB der Deutschen Post. Hier heißt es in Ziffer 4 Abs. 2 und 3 der AGB Brief national (den das KG offenbar, wenn auch ohne nähere Angabe, zitiert):
"(2) Die Deutsche Post nimmt die Ablieferung ("Zustellung") unter der auf der Sendung angebrachten Anschrift durch Einlegen in einen für den Empfänger bestimmten und ausreichend aufnahmefähigen Hausbriefkasten oder eine vergleichbare Einrichtung (z. B. Postfach) vor. Die Zustellung kann auch durch Aushändigung an den Empfänger oder an einen durch schriftliche Vollmacht des Empfängers ausgewiesenen Empfangsberechtigten ("Empfangsbevollmächtigter") erfolgen; Sendungen an Empfänger in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Haftanstalten, Gemeinschaftsunterkünften, Krankenhäusern) können auch an eine von der Leitung der Einrichtung mit dem Empfang von Postsendungen beauftragte Person ("Postempfangsbeauftragter") zugestellt werden. Satz 1 und Satz 2 gelten nur, soweit die Deutsche Post nichts anderweitiges, wie z. B. Lagerung, Nachsendung oder Zustellung durch Ablage an einem bestimmten Ort, mit dem Empfänger bzw. Empfangsbeauftragten vereinbart hat und der Absender keine entgegenstehenden Vorausverfügungen getroffen hat. Sendungen mit den Zusatzleistungen "Einschreiben", "Rückschein" und "Eigenhändig" werden nur gegen schriftliche Empfangsbestätigung und Nachweis der Empfangsberechtigung abgeliefert. Sendungen mit der Zusatzleistung "Eigenhändig" werden außer dem Empfänger nur einem hierzu besonders Bevollmächtigten ausgehändigt. Die Deutsche Post behält sich vor, einen Nachweis der Empfangsberechtigung auch für andere Sendungen zu verlangen. Ein Nachweis wird nicht verlangt, wenn der Empfangsberechtigte persönlich bekannt ist. "
(3) Die Deutsche Post darf Sendungen, die nicht in der in Absatz 2 genannten Weise abgeliefert werden können, einem Ersatzempfänger aushändigen....