Die Ertragssteuern, die bis zum Erbfall noch in der Person des Erblassers entstanden und Erblasserschulden sind, hat Dauervollstrecker schon im Rahmen seiner Abwicklungsaufgaben mit Nachlassmitteln zu bezahlen. Wie ist es jedoch für die Ertragsteuern ab dem Erbfall, die nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge tagegenau und gesetzlich zwingend beim Erben entstehen? Kann der Erbe verlangen, dass seine Steuerlast aufgrund Einkünfte aus VuV der Nachlass tragen muss, obwohl und weil der Testamentsvollstrecker entschieden hat, dass die Erträge im Nachlass verbleiben, um die Sanierung der Immobilien zu finanzieren, die der Grund für diese Einkünfte sind? Wie steht es aufgrund unserer verfassungsrechtlichen Überlegungen um die Rechtsposition des Erben, der seine "Nachlass-Steuern" bezahlt haben will? Denn auch ihm steht von der Warte der Testierfreiheit aus das Erbenerwerbsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG grundsätzlich in demselben Umfange zu wie dem bedürftigen Erben, s.o. Abschnitt II.
Jedoch ist auch das Erbenerwerbsrecht, sofern die Ableitung aus der Testierfreiheit als eigens von der Verfassung geschützte Rechtsposition gelingt, ein normgeprägtes Grundrecht. Die einfachgesetzliche Reichweite bestimmt auch beim Erbenerwerbsrecht dessen Inhalt und Grenzen, sofern es vorliegt. Und hier greift das Steuerrecht, dass dem Erben die persönliche Steuerlast für Erträge auch dann auferlegt, sofern der Zugriff auf die Einkünfte und Quelle der Steuerlast, die Immobilie, versperrt sind – wie hier durch die Dauervollstreckung, §§ 2209, 2211 Abs. 1 BGB. Dies zeigt ein genauerer Blick auf das Steuerrecht.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Steuerschuldner für die Nachlasserträge der Erbe, der Erbe hat die Steuererklärung hierfür abzugeben. Hat der Testamentsvollstrecker für die Bezahlung der Ertragssteuern dennoch bzw. ebenso zu sorgen wie bei der ErbSt aufgrund § 32 Abs. 1 S. 1 ErbStG (s.o. Ziffer 1.), der ihm den Nachlasszugriff erlaubt? Nein, denn für die Ertragssteuern gibt es gerade keine eine Eingriffsnorm wie § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Der rechtmäßige Nachlasszugriff des Testamentsvollstreckers könnte sich nur aus der allgemeinen Norm des § 34 Abs. 1 S. 1 AO i.V.m. § 34 Abs. 3 AO ergeben. Der Testamentsvollstrecker hätte die steuerrechtliche Pflicht, gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 AO für die Bezahlung der Ertragssteuern zu sorgen, wenn gemäß § 34 Abs. 3 AO die Vermögensverwaltung dies umfasst, d.h. "soweit ihre Verwaltung reicht." Die Vermögensverwaltung bezieht sich gemäß §§ 2205 S. 1, 2216 Abs. 1 BGB auf "den Nachlass" – und dieser ist weder Einkommen- noch Körperschaftssteuersubjekt. Die persönliche Steuerpflicht des Erben geht den Testamentsvollstrecker nichts an, weil die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Steuerpflicht Sache des Erben ist. Dies gilt "selbst bei Erträgen des Nachlassvermögens", s.o. Der Erbe ist daher auf den zivilrechtlichen Weg verwiesen, beim Testamentsvollstrecker vorstellig zu werden, damit dieser prüfe, ob eine Erlösauskehr für die Bezahlung der nachlassbedingten Ertragssteuern der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Daher muss der Erbe als Steuerschuldner seine Steuern selbst zahlen abgesehen von Besonderheiten bei der Fortführung eines Einzelunternehmens. Nur wenn es der ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 2216 Abs. 1 BGB entspricht, kann der Erbe vom Testamentsvollstrecker verlangen, dass die nachlassbedingten Steuern auch mit Nachlassmitteln beglichen werden. Dabei muss der Testamentsvollstrecker nur die Erträge (und nicht die Substanz) heranziehen, die die Ertragssteuerlast auslösen.
Würde der Testamentsvollstrecker die Sanierung einer Nachlassimmobilie mit nachteiligen Folgen für den gesamten Nachlass verzögern (Vermietungsausfälle), um dem Erben die Ertragssteuern zu bezahlen, obwohl der Erbe seine Steuer ohne Weiteres selbst bezahlen könnte, würde sich der Testamentsvollstrecker aufgrund der eindeutigen Rechtslage zur Steuerpflicht des Erben schlicht und ergreifend schadensersatzpflichtig machen. Der Testamentsvollstrecker darf daher die Zahlung zu Recht und unter Berufung auf § 2216 Abs. 1 BGB verweigern, wenn er diese Mittel "zur Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses benötigt. Der Testamentsvollstrecker hat im Einzelfall die Interessen abzuwägen, wobei grds. die berechtigten Interessen des Nachlasses vorrangig zu beachten sind. Dies gilt ausdrücklich auch, wenn sich ein Unternehmen im Nachlass befindet und vom Testamentsvollstrecker verwaltet wird."
Im Schrifttum scheint es eine abweichende Auffassung zu geben. Danach soll der Testamentsvollstrecker bzw. der Nachlass für die Erträge, für die der Erbe steuerpflichtig ist, hier dennoch und ohne weiteres für die Steuerlast aufkommen müssen; der Erbe müsse hier nur dafür sorgen, dass die Steuer auch bezahlt werde – und zwar auch dann, wenn der Erbe aus Eigenmitteln die Steuer bezahlen könne, so eine Stimme im Schrifttum. Begründet wird dies allerdings nicht. I.ü. geht diese Auffassung...