Gegen die Zulässigkeit der Ausübung von Leitungsaufgaben durch Vorsorgebevollmächtigte spricht eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2002: Der 3. Zivilsenat hat eine notariell beurkundete Generalvollmacht, durch welche der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten – nicht verdrängend – ermächtigte, für ihn sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GbR zustanden, für unwirksam erachtet und hierzu ausgeführt (Hervorhebungen durch den Autor):
Zitat
"Die im Jahr 1913 geborene J. R. war bis zu ihrem Tod im Frühjahr 2000" alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der beklagten GbR. Sie bestellte durch eine am 17.2.1983 vom Notar S. in B. beurkundete Generalvollmacht ihren Sohn, den Rechtsanwalt P. R., zu ihrem alleinigen Bevollmächtigten und ermächtigte ihn zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten. Namentlich sollte er – wie in der Urkunde beispielhaft aufgeführt wird – befugt sein, für sie sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihr in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der von ihr vertretenen Unternehmungen zustanden.
Die Parteien streiten über die Verbindlichkeit zweier Verträge vom 29.10.1998, die P.R. unter Bezugnahme auf die im Beurkundungstermin im Original vorliegende Vollmachtsurkunde für die Beklagte abgeschlossen hat. (…)
a) Das BerufungsG geht unter Bezugnahme auf das Urt. des II. Zivilsenats des BGH v. 18.10.1976 (II ZR 9/75, NJW 1977, 199 f. = WM 1976, 1246) davon aus, die frühere Geschäftsführerin der Beklagten habe ihren Sohn mit der Generalvollmacht vom 17.2.1983 nicht wirksam bevollmächtigt. Richtig ist, dass nach dieser Entscheidung die Befugnis des Geschäftsführers einer GmbH zur organschaftlichen Willensbildung und -erklärung und die damit verbundene Verantwortung unübertragbar sind (in diesem Sinn vorher bereits BGHZ 13, 61/65; 34, 27/30; 64, 72/76; BGH v. 19. 6. 1975 – II ZR 170/73, WM 1975, 790/791). Infolgedessen kann der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht nicht im Ganzen durch einen anderen ausüben lassen. Das Verbot einer umfassenden Übertragung der organschaftlichen Vertretungsmacht schützt nicht nur die Gesellschafter vor einer Ausübung aller Geschäftsführungsbefugnisse durch Personen, die nicht ihr Vertrauen genießen, sondern es will auch der besonderen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers Rechnung tragen. Ob die Gesellschafter einer entsprechenden Bevollmächtigung zugestimmt haben, ist deshalb nicht von Bedeutung, weil Rechtssicherheit und die Belange des Rechtsverkehrs darunter leiden könnten, wenn solche nicht nach außen tretenden gesellschaftsinternen Vorgänge für die allgemeine Vertretungsmacht maßgebend wären (vgl. BGH v. 18. 10. 1976 – II ZR 9/75, WM 1976, 1246).
b) Mit Recht wendet jedoch die Revision hiergegen ein, die genannte Rechtsprechung schließe es nicht aus, in geeigneten Fällen die Vollmachtserklärung als eine sog. Generalhandlungsvollmacht nach § 54 HGB aufzufassen oder in eine solche umzudeuten. Insoweit habe das BerufungsG zu Unrecht eine Auslegung unterlassen und unberücksichtigt gelassen, dass die Vollmacht der damaligen Geschäftsführerin in erster Linie für ihren eigenen, persönlichen Rechtskreis erteilt worden sei und sich nur daneben auf ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der von ihr vertretenen Unternehmungen erstreckt habe.
Diese Rüge ist begründet. Das BerufungsG hat den Inhalt der P. R. erteilten Vollmacht nicht näher gewürdigt, sondern sich darauf beschränkt, eine Passage aus ihr herauszugreifen, die – bei isolierter Betrachtung – als unzulässige Übertragung von Organbefugnissen eines Geschäftsführers angesehen werden könnte. Es hat damit zugleich den Grundsatz einer interessengerechten Auslegung der von der Vollmachtgeberin abgegebenen Erklärung verletzt, der es darum ging, ihrem Sohn im Rahmen des rechtlich Zulässigen möglichst weitgehende Befugnisse zu verleihen, um sie in ihren persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten zu vertreten. Da die Vollmachtsurkunde in das Verfahren eingeführt worden ist und weiterer Vortrag der Parteien hierzu nicht zu erwarten ist, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen.
Sie führt zum Ergebnis, die Vollmacht – soweit sie die geschäftlichen Aktivitäten der Vollmachtgeberin für die Beklagte betrifft – als eine Generalhandlungsvollmacht nach § 54 HGB anzusehen. In der Rechtsprechung des BGH ist geklärt, dass gegen die Zulässigkeit einer solchen allgemeinen Handlungsvollmacht, die sich auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb wie dem der GmbH üblich sind, und die nicht auf die unmittelbare Vertretung der GmbH, sondern lediglich auf ein Handeln in (Unter-)Vollmacht des oder der Geschäftsführer gerichtet ist, keine Bedenken bestehen (vgl. BGH v. 8. 5. 1978 – II ZR 209/76, WM 1978, 1048). Ein beachtliches Interesse der Beklagten, die von ihrer früheren Geschäftsführerin erteilte Vollmacht als unzulässige Übertragung organschaftlicher Befugnisse aufzufassen, vermag der Senat nicht zu erkennen....