ZErb 08/2021, Erfüllung des Auskunftsanspruchs gem. §§ 2 ... / b) Teilauskünfte

Zur Beantwortung der Frage, ob die formellen Anforderungen an den Inhalt und Umfang eines Nachlassverzeichnisses durch die Erstellung mehrerer Teilverzeichnisse und Teilauskünfte gewahrt werden, sind zwei Entscheidungen des BGH aus den Jahren 1961 und 1962 zu beachten.^[90]

Im Jahr 1961 entschied der BGH, dass die Auskunft in mehreren Teilakten über jeweils einen anderen Auskunftsgegenstand erfolgen könne, wobei eine bloße Aneinanderreihung solcher Teilauskünfte für sich allein nicht genügt.^[91] Vielmehr seien die Auskünfte dahingehend zu leisten, dass ihre Summierung den geschuldeten Gesamtumfang der Auskunft darstellt.^[92]

Kurz darauf im Jahr 1962 präzisierte der BGH, dass auch eine Mehrheit von Teilauskünften, vorausgesetzt, dass sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des Auskunftsschuldners in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen.^[93] Dies sei insbesondere in der Regel dann der Fall, wenn ein Auskunftspflichtiger ein bereits vorgelegtes Verzeichnis nachträglich in einzelnen Punkten ergänzt.^[94] Aus den Entscheidungsgründen ist nach hiesigem Verständnis zu erkennen, dass der Auskunftsschuldner darum bemüht und gewillt war, strukturiert und vollumfänglich mittels Teilauskünften eine ordnungsgemäße Auskunft über den Nachlass zu erteilen.^[95]

Teilverzeichnisse und Teilauskünfte haben in ihrer Gesamtschau somit nur dann Erfüllungswirkung, wenn sie ordentlich strukturiert sind, also klar verständlich und übersichtlich gestaltet sind, und einander gewollt und gezielt derart ergänzen, dass sich der Pflichtteilsberechtigte ohne größere Anstrengung aus der Gesamtschau aller Verzeichnisse eine eindeutige und vollständige Übersicht über den Nachlass verschaffen kann.^[96]

Es ist somit insbesondere nicht ausreichend, dass Erben (oder auch deren Vertretungs-/Prozessbevollmächtigten) wahllos in (insb. prozessualen) Schriftsätzen scheibchenweise nach Gutdünken irgendwelche Informationen über den Nachlass kundgeben.^[97] Erforderlich ist, dass die Übersichtlichkeit gewahrt und in der Gesamtschau der Mitteilungen eine vollständige Auskunft i.S.d. obigen Ausführungen über den Nachlass erteilt wird.^[98]

Teilverzeichnisse/-auskünfte über den Nachlass müssen somit eine gewollte und übersichtliche Auskunft über den Nachlass darstellen und ausdrücklich und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass mit ihnen in ihrer Gesamtheit eine vollständige Auskunft i.S.d. §§ 2314 Abs. 1 S. 1, 260 Abs. 1 BGB erteilt wird.^[99] Dies gelingt nur dann und deshalb auch bloß in den aller seltensten Fällen, wenn die oben aufgezeigten formellen Anforderungen bei einer Betrachtung aller Teilverzeichnisse gewahrt werden.^[100] Ein ständiges Nachreichen und Nachbessern von Informationen über den Nachlass genügt dafür nicht, weil somit bereits offensichtlich keine vollständige Auskunft gegeben ist und zudem die erforderliche Übersichtlichkeit fehlt.

Für die Praxis empfiehlt es sich deshalb, "die Auskunft grundsätzlich in einem einzigen umfassenden Gesamtverzeichnis und nicht aufgesplittert in eine Mehrheit von Teilverzeichnissen zu geben".^[101]

[90] BGH, Urt. v. 18.10.1961 – V ZR 192/60, NJW 1962, 245; Urt. v. 6.6.1962 – V ZR 45/61, NJW 1962, 1499 = BGH BeckRS 2014, 21005. Teilverzeichnisse zu Recht gänzlich ablehnend Burandt/Rojahn/Horn, 3. Aufl. 2019, BGB § 2314 Rn 20, weil es nicht Sache des Pflichtteilsberechtigten sei, sich im Extremfall aus vielen Verzeichnissen oder Mitteilungen einen Überblick zu verschaffen. Horn zeigt zudem richtig auf, dass sich für den Pflichtteilsberechtigten die richtige Antragsstellung bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erschwere, da er sämtliche Dokumente anzugeben hat.

Nach hiesigem Verständnis sind Teilverzeichnisse und Teilauskünfte gerade im digitalen Zeitalter abzulehnen, weil am Computer erstellte und abgespeicherte Verzeichnisse ohne viel Aufwand jederzeit ergänzt und/oder umgestaltet werden können.

[91] BGH, Urt. v. 18.10.1961 – V ZR 192/60, NJW 1962, 245 unter "III.".

[92] BGH, Urt. v. 18.10.1961 – V ZR 192/60, NJW 1962, 245 unter "III.".

[93] BGH, Urt. v. 6.6.1962 – V ZR 45/61, BeckRS 2014, 21005 Rn 29.

[94] BGH, Urt. v. 6.6.1962 – V ZR 45/61, NJW 1962, 1499 Ls.

[95] BGH, Urt. v. 6.6.1962 – V ZR 45/61, BeckRS 2014, 21005 Rn 29.

[96] Zutreffend OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.12.2018 – 9 UF 179/18, BeckRS 2018, 35285 Rn 21 f. insb. unter Verweis auf BGH, Urt. v. 18.10.1961 – V ZR 192/60, NJW 1962, 245; LG Berlin, Teilurt. v. 3.2.2015 – 22 O 377/13, juris, Rn 16.

[97] BGH, Beschl. v. 22.10.2014 – XII ZB 385/13, ErbR 2015, 437 (439) m. Anm. Kuhn, der richtig aufzeigt, dass ein solches Verhalten bloße Taktik zur Abhaltung des Gläubigers von der gerichtlichen Geltendmachung ist.

[98] BeckOK BGB/Müller-Engels, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 2314 Rn 18c m.w.N.

[99] Dem widerspricht es nicht, wenn der Erbe zeitgleich bestreitet zur Auskunft verpflichtet zu sein (BGH, Beschl. v. 6.6.1962 – V ZR 45/61, BeckRS 2014, 21005 Rn 30).

[100] OLG Brandenburg, beschl. v. 12....