§ 344 Abs. 7 FamFG bestimmt nunmehr, dass für die Entgegennahme einer Erklärung, mit der die Erbschaft ausgeschlagen (§ 1945 Abs. 1 BGB) oder die Ausschlagung angefochten (§ 1955 Satz 1 Alt. 2 BGB) wird, auch das Nachlassgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Ausschlagende oder Anfechtende seinen Wohnsitz hat. Die Niederschrift über die Erklärung ist von diesem Gericht an das zuständige Nachlassgericht zu übersenden. Seinem eindeutigen Wortlaut nach betrifft die Vorschrift überraschenderweise nicht die Anfechtung nach § 2308 Abs. 1 BGB und die Anfechtung einer Annahme einer Erbschaft (§§ 1955 Satz 1 Alt. 1 1956 BGB). Hierbei handelt es sich um ein Redaktionsversehen, denn ausweislich der Begründung des Bundesrats war beabsichtigt, auch die Anfechtung einer irrigen Erbschaftsannahme von der besonderen örtlichen Zuständigkeit zu erfassen. Es gibt auch keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb für die Anfechtung der Erbschaftsannahme andere Regelungen als für die Ausschlagung der Erbschaft gelten sollen, obwohl beide Rechtsinstitute zum selben Ergebnis führen sollen. Die Vorschrift wirft darüber hinaus weitere im Folgenden darzulegende Zweifelsfragen auf.
aa) Entgegennahme der Ausschlagungserklärung
Die neue Zuständigkeit bezieht sich auf die ›Entgegennahme‹ der Ausschlagungserklärung. Das BGB verwendet diese Terminologie nicht, sodass sich die Frage stellt, ob hierunter, was der Wortlaut (›Entgegennahme der Erklärung‹) nahelegt, ausschließlich die Empfangszuständigkeit zu verstehen ist oder ob sich die Befugnis auch auf die Protokollierung der Ausschlagungserklärung erstreckt. Die neue Zuständigkeit erfasst richtigerweise beides, sodass das Wohnsitzgericht sowohl die Ausschlagungserklärung zur Niederschrift aufnehmen als auch fristwahrend entgegennehmen darf. Dies ergibt sich schon aus § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG, der ja das Wohnsitzgericht zur Übersendung der ›Niederschrift‹ an das zuständige Nachlassgericht verpflichtet. Da die Ausschlagung vor einem Notar regelmäßig nicht zur Niederschrift, sondern in öffentlich beglaubigter Form erklärt wird, kann nur die von dem Wohnsitzgericht aufgenommene Niederschrift gemeint sein. Außerdem begründet der Bundesrat die Einfügung damit, dass durch die neue Zuständigkeit die bisherige Praxis, das Nachlassgericht am Wohnsitz des Ausschlagenden um Rechtshilfe zu ersuchen, normiert werden sollte. Diese Rechtshilfeersuchen betrafen aber sowohl die Protokollierung als auch die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung (siehe oben I. 1. c).
Umgekehrt darf aus dem eingeschränkten Wortlaut des § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG (›Niederschrift‹) nicht gefolgert werden, das Wohnsitzgericht sei für die fristwahrende Entgegennahme einer von einem Notar öffentlich beglaubigten Ausschlagungserklärung nicht zuständig. Da eine Ausschlagung trotz der Sonderzuständigkeit nach § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG oftmals schneller vor einen Notar erklärt werden kann, besteht ein berechtigtes Bedürfnis, dass auch eine öffentlich beglaubigte Ausschlagungserklärung vom Wohnsitzgericht fristwahrend entgegenzunehmen ist.
bb) Nachlassgericht am Wohnsitz des Ausschlagenden
Kraft Gesetzes, also ohne dass es – wie bisher – eines besonderen Rechtshilfeersuchens bedürfte, ist nunmehr auch das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen Wohnsitz hat. Da das FamFG keine § 3 FGG entsprechende Verweisung auf die ZPO mehr enthält, sind für die Bestimmung des Wohnsitzes allein die §§ 7–11 BGB maßgebend. Abzustellen ist auf den Wohnsitz, den der Ausschlagende im Zeitpunkt der Abgabe der Ausschlagungserklärung innehat, nicht etwa auf den Zeitpunkt, in dem der Erblasser verstorben ist, sonst könnte die mit der Gesetzesänderung bezweckte Erleichterung nicht erreicht werden. Die Zuständigkeit besteht nur bei Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes, eine hilfsweise Anknüpfung an den Aufenthaltsort des Ausschlagenden (wie in § 343 Abs. 1 FamFG) ist nicht vorgesehen. Auf die Staatsangehörigkeit des Ausschlagenden kommt es hingegen nicht an.
cc) Zuständigkeitskonkurrenz
Unklar ist das Verhältnis der besonderen örtlichen Zuständigkeit zur Regelzuständigkeit nach § 343 FamFG. Es handelt sich jedenfalls nicht um eine ausschließliche Zuständigkeit, hiergegen sprechen schon Wortlaut (›auch [...] zuständig‹) sowie Überschrift (›Besondere örtliche Zuständigkeit‹) der Norm und der Intention des Gesetzgebers, dem Ausschlagenden den frist- und formgerechten Zugang seiner Ausschlagungserklärung zu erleichtern. Fraglich ist jedoch, ob § 2 Abs. 1 FamFG auf diesen besonderen Gerichtsstand Anwendung findet, was zur Folge hätte, dass das Nachlassgericht am Wohnsitz des Ausschlagenden bei Erstbefassung für die Entgegennahme aller weiteren Ausschlagungserklärungen und möglicherweise sogar zur Vornahme der sonstigen Verrichtungen im Nachlassverfahren zuständig wäre. § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG, der jedoch ausdrücklich eine Pflicht des Wohnsitzgerichts zur Übersendung der Ausschlagungserklärung an das zuständige Nachlassgericht statuiert, legt jedoch den Schluss nahe, dass § 2 Abs. 1 FamFG keine Anwendung finden soll. Dies...