Für die Existenz der Vorstiftung spricht vor allem der Umstand, dass das Gesellschaftsrecht auch sonst der Tatsache, dass sich der grundsätzlich mit der Eintragung der juristischen Person in das Handels-, Vereins- oder Genossenschaftsregister zu beendende Vorgang der Inkorporation zeitlich strecken kann, dadurch Rechnung trägt, dass bereits vor der Eintragung der werdenden juristischen Person die Existenz einer Vorform der juristischen Person in Gestalt einer Vorgesellschaft, Vorgenossenschaft oder eines Vorvereins angenommen wird. Diese Vorform der späteren juristischen Person kann Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten sein und unterliegt mit gewissen Modifikationen dem Recht der späteren juristischen Person. Das unabweisbare praktische Bedürfnis nach einem solchen Rechtsinstitut und die grundsätzliche tatsächliche Vergleichbarkeit der Situation rechtfertigen auch im Stiftungsrecht die Annahme einer Vorform der späteren juristischen Person in Gestalt der Vorstiftung.
Dafür spricht weiterhin, dass die Verselbstständigung der Stiftung im Errichtungsstadium in einer ganzen Reihe von Fällen anerkannt ist. So kann zugunsten der (Vor-)Stiftung ein Pfleger bestellt werden. Für die Vorstiftung kann bereits eine Hypothek eingetragen werden und schließlich können ihre rechtlichen Verhältnisse selbst Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Verfügt der Stifter zwischen Stiftungsgeschäft und Anerkennung über Gegenstände des Stiftungsvermögens, so soll er dafür in analoger Anwendung von § 160 BGB persönlich haften. Darüber hinaus führt auch das Stiftungsgeschäft von Todes wegen die Wirkungen des § 83 BGB herbei. Das Stiftungsgeschäft bleibt für die Existenz der Stiftung als juristische Person somit nicht ohne rechtliche Folgen. Aus diesem Grund kann im Zeitraum zwischen dem Stiftungsgeschäft und der endgültigen Anerkennung nicht von einem rechtlichen Nullum ausgegangen werden.
Sobald der Stifter die Stiftungssatzung festgestellt und einen Stiftungsvorstand bestellt hat, ist eine nach außen handlungsfähige Organisation entstanden, die bereits auf die Realisierung des Stiftungszwecks hinarbeiten kann. Diese Vorstiftung ist auch bereits vermögensfähig. Zwar ist der Stifter nicht in der Lage, von seinem eigenen Vermögen ein Sondervermögen abzuspalten und dieses auf sich selbst zu übertragen. Anders als beim Vorverein sind bei der Vorstiftung auch keine Gründungsmitglieder vorhanden, die das Vorvereinsvermögen als Gesamthänder nach § 54 S. 1 BGB iVm § 718 Abs. 1 BGB halten könnten. Aber wie auch bei der Einpersonen-Kapitalvorgesellschaft kann bereits die Vorstiftung als werdende juristische Person selbst Vermögensträger sein. Als erstes Stiftungsvermögen genügt der schon vor der Anerkennung aus der Stiftungssatzung folgende, aber erst mit der Anerkennung fällig werdende Anspruch auf Einbringung dieses Vermögens in die Stiftung.
Im österreichischen Stiftungsrecht ist die Existenz einer Vorstiftung im Übrigen anerkannt. So hat der österreichische OGH ausdrücklich festgestellt, dass im Rahmen der Errichtung einer österreichischen Privatstiftung mit Errichtung der Stiftung durch das Stiftungsgeschäft eine rechtsfähige Vorstiftung zur Entstehung kommt. Zur Rechtfertigung wird wie hier die Parallelität der Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes mit den einschlägigen Bestimmungen des Aktien- und des GmbH-Rechts angeführt. Ebenso wie bei Kapitalgesellschaften zwischen Errichtung und Eintragung im Firmenbuch eine Vorgesellschaft sei bei der Errichtung einer Privatstiftung im Zeitraum zwischen Errichtung und Entstehung von der Existenz einer rechtsfähigen Vorstiftung auszugehen. Diese soll wie die Vorgesellschaft Verträge abschließen und Schenkungen entgegennehmen können. Vertreten wird die Vorstiftung grundsätzlich durch die zur Vertretung der Vorstiftung berufenen Organe.