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Mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts werden zum 1.1.2023 die §§ 1773 bis 1921 BGB neu sortiert und formuliert, wie auch weitere Paragrafen unter anderem aus dem BGB, der ZPO, im FamFG, in der BNotO, in vier SGB – das Betreuungsbehördengesetz wird zum Betreuungsorganisationsgesetz. Dazu wird hier ein erster Überblick gegeben, der schwerpunktmäßig auf die für Erb- und Vorsorgerechtler wichtigen Änderungen eingeht.
I. Einführung
1. Relevanz für Erb- und Vorsorgerechtler
Die Fälle, in denen vorsorge- und betreuungsrechtliche Aspekte im Erbrecht eine Rolle spielen, nehmen weiter zu. Es ist selten, dass ein Erblasser zu Lebzeiten weder unter Betreuung stand, noch für ihn auf der Grundlage von Vorsorgevollmachten gehandelt wurde. Zudem wenden sich zunehmend Mandanten an uns, die zu Lebzeiten ihrer Angehörigen gegen Vermögensverschiebungen durch dubiose Bevollmächtigte vorgehen möchten. Die Änderungen im Betreuungsrecht haben daher für uns direkte Bedeutung.
2. Triebfedern
Der Reformprozess begann im engeren Sinne im Jahre 2018 mit zwei Forschungsaufträgen des BMJV zur Qualität der rechtlichen Betreuung und ihrer Erforderlichkeit. Es sind drei wesentliche Triebfedern für die Reform auszumachen: Zum Ersten den auch durch die Zugangsverpflichtung aus Art. 12 Abs. 3 der UN-Behindertenrechtskonvention geförderten Gedanken der Selbstbestimmung im Betreuungsrecht besser umzusetzen, zum Zweiten die umständliche Verweisungssystematik zwischen Vormundschafts- und Betreuungsrecht mit zum Teil veralteten Regelungsinhalten zu ordnen und die Normen zu modernisieren und zum Dritten die durch Betreuungen verursachten Kosten zu verringern.
3. Strukturelles
Die Zahl und Relevanz der Betreuungen übersteigen die der Vormundschaften bei weitem. So wird uns der demografische Wandel von der Zeit der Konzeption des BGB zum Ausgang des 19. Jahrhunderts bis heute auch hier wieder vor Augen geführt. Aus dem Betreuungsrecht über den § 1908i BGB aF auf zahlreiche, aber nicht alle Normen des Vormundschaftsrecht zu leiten, ist daher nicht mehr zeitgemäß. Folgerichtig wird die Verweisungsstruktur in ihr Gegenteil verkehrt: Die Regelungen insbesondere zur Vermögenssorge und zu Genehmigungstatbeständen finden sich dann im Betreuungsrecht und das Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht verweist dorthin.
Insgesamt ist die Neukonzeption von sehr vielen Bezugnahmen geprägt, was zum Teil zu einem "Verweisungskarussell" führt. Ob das die Anwendung mühsamer gestaltet oder erleichtert, wird sich zeigen.
Vieles wurde sinnvoll modernisiert, insbesondere bei den Vermögensangelegenheit, in denen "Mündelsicherheit" und ähnliche Begriffe schon lange nicht mehr zeitgemäß waren.
4. Inkrafttreten zum 1.1.2023
Das Gesetz tritt erst zum 1.1.2023 in Kraft, um den Beteiligten wie den Betreuungsbehörden genügend Vorbereitungszeit zu geben. Das gibt auch uns Gelegenheit, sich in Ruhe mit den neuen Ziffern, Sortierungen und Inhalten vertraut zu machen. Nachdem das BMJV den Referentenentwurf am 23.6.2020 veröffentlichte, wurde das Gesetz schnell vom Bundeskabinett verabschiedet, nahm seinen Weg durch den Bundestag und Bundesrat, wo nur noch wenige Änderungen vorgenommen wurden. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten wurde das Gesetz am 12.5.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
II. Vom Wohl zum Willen
Wie es bereits mit der Reform im Jahre 1992 begonnen wurde, sollen Betreute im Verfahren und während der Betreuung noch mehr Subjekt und weniger Objekt sein. Daraus resultiert die Abkehr vom "Wohl" und die Zuwendung zu Wunsch und Willen des Betreuten. Der Unterstützungsgedanke als Gegensatz zur Bevormundung kommt in § 1821 BGB nF "Pflichten des Betreuers; Wünsche des Betreuten" gut zum Ausdruck. Nicht mehr das "Wohl" ist der zentrale Begriff – die Wünsche des Betreuten sind festzustellen und ihnen ist zu entsprechen, der Betreute bei deren Umsetzung rechtlich zu unterstützen. Ausnahmen sind erhebliche Gefährdungen oder Unzumutbarkeit.
III. Betreuungseinrichtung
1. Neue Eingangsnorm: § 1814 BGB
Die bisherige Eingangsnorm des § 1896 BGB aF wird nach der neuen Zählung zu § 1814 BGB nF. Betont wird, dass eine Unfähigkeit zur Erledigung der Angelegenheiten im "rechtlichen" Sinne vorliegen müsse. Dies ist ein weiterer Versuch, den überzogenen Erwartungen an Betreuer an die Regelung des gesamten Lebens eines Betreuten entgegenzutreten, welche auch durch die misslungene Bezeichnung "Betreuer" gefördert wurden.
Die Feststellung, dass gegen den freien Willen eines Betroffenen keine Betreuung eingerichtet werden darf, wird von § 1896 Abs. 1a BGB aF zu § 1814 Abs. 2 BGB nF verlagert. Mit dem dortigen, neuen Absatz 5 soll für 17-Jährige eine Betreuungsei...