Leitsatz
Der Erbfallkostenpauschbetrag bezieht sich auf den gesamten Erbfall und ist bei mehreren Miterben insgesamt nur einmal zu berücksichtigen.
FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 15. Mai 2008, – 9 K 257/06
Sachverhalt
Streitig ist, ob der Erbfallkostenpauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) pro Erbfall nur einmal oder jedem Miterben in voller Höhe zu gewähren ist.
Der Kläger (Kl) und sein Bruder sind jeweils zur Hälfte Erben ihrer am 14. September 2003 verstorbenen Mutter. Im Zusammenhang mit der Nachlassregelung entstanden ihnen Kosten iHv jeweils rund 4.500 EUR. Im Erbschaftsteuerbescheid vom 18. Mai 2005 gewährte der Beklagte (Bekl) wegen dieser Kosten der Erbquote des Kl entsprechend einen anteiligen Erbfallkostenpauschbetrag gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG iHv 5.150 EUR. Der Erbschaftsteuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren II R 61/99, in dem der BFH auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes aufgeworfen hatte, wurde die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 AO in vollem Umfang für vorläufig erklärt.
Gegen den Erbschaftsteuerbescheid legte der Kl am 21. Juni 2005 Einspruch ein. Mit Bescheid vom 3. August 2005 änderte der Bekl die Erbschaftsteuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Der Erbfallkostenpauschbetrag iHv 5.150 EUR blieb unverändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrecht erhalten. Die Steuerfestsetzung blieb im bisherigen Umfang vorläufig.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens machte der Kl noch geltend, dass ihm der Erbfallkostenpauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in voller Höhe von 10.300 EUR zustehe. Der Pauschbetrag sei auf die Kosten des einzelnen Erwerbers, nicht auf den Erbfall zu beziehen.
Mit Entscheidung vom 15. Mai 2006 wies der Bekl den Einspruch als unbegründet zurück. Der Bekl begründete seine Auffassung mit dem Hinweis auf R 30 Abs. 3 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR), wonach der Pauschbetrag je Erbfall insgesamt nur einmal zu berücksichtigen sei. Eine andere Auffassung führe zu einer nicht verständlichen Benachteiligung des Alleinerben. Der Vorbehalt der Nachprüfung und die Vorläufigkeit des Bescheides blieben bestehen.
Am 29. Mai 2006 hat der Kl Klage erhoben. Er ist der Auffassung, der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG sei nicht erbfall-, sondern erwerberbezogen. Deshalb sei jedem Miterben der Pauschbetrag in voller Höhe von 10.300 EUR zu gewähren. Es sei ein Grundprinzip des ErbStG, den Erbfall aus der Sicht des Erwerbers zu betrachten, der gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nach seiner individuellen Bereicherung besteuert werde. Der Pauschbetrag solle auch der Vereinfachung dienen. Dem widerspreche es, wenn er pro Erbfall nur einmal gewährt würde und komplizierte Regelungen zu seiner Aufteilung getroffen werden müssten. Eine methodisch korrekte, am Normzweck orientierte Auslegung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG zwinge dazu, seiner – des Kl – Ansicht zu folgen. Ergänzend wird auf die Klagebegründung Bezug genommen. (...)
Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet.
I. 1. Als steuerpflichtiger Erwerb bei der Erbschaftsteuer gilt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Von dem Erwerb sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten wird gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR ohne Nachweis abgezogen.
2. a) Soweit ersichtlich ist der Kl der Einzige, der meint, jeder von mehreren Miterwerbern könne den Erbfallkostenpauschbetrag gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in voller Höhe von 10.300 EUR in Anspruch nehmen.
b) Der Bundesfinanzhof (BFH) sah sich zur Beantwortung dieser Frage noch nicht veranlasst. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde II B 6/04 wegen des Urteils des Finanzgerichts Nürnberg vom 11. Dezember 2003 IV 300/2002 (Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst – DStRE – 2004, 281) wurde sie ihm zwar vorgelegt. Er brauchte sie jedoch nicht zu entscheiden, weil dem dortigen Beschwerdeführer keine Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG entstanden waren (s. BFH-Beschluss vom 21. Januar 2005 II B 6/04, Sammlung Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2005, 1092).
c) Mit Urteil vom 11. Dezember 2003 IV 300/2002 (DStRE 2004,281) hat das Finanzgericht Nürnberg entschieden, dass bei mehreren Miterwerbern der Pauschbetrag je Erbfall insgesamt nur einmal berücksichtigt werden könne. Dass der Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG für die im vorhergehenden Satz 1 genannten Koste...