Leitsatz
Zum Erfordernis einer erneuten eigenhändigen Unterschrift des Erblassers für Ergänzungen, die der Erblasser auf einer Fotokopie seines unterschriebenen Originaltestaments anbringt (im Anschluss an OLG München NJW-RR 2006, 11).
OLG München, Beschluss vom 31. August 2011 – 31 Wx 179/10
Sachverhalt
Die verwitwete, kinderlose Erblasserin ist am 20.12.2004 im Alter von 87 Jahren verstorben. Ihr
Ehemann ist 1982 vorverstorben. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester der Erblasserin; der Beteiligte zu 2 bewohnt eine Wohnung in dem Mehrfamilienhaus der Erblasserin zur Miete; die Beteiligte zu 3 ist eine Großnichte der Erblasserin; die Beteiligten zu 4 bis 10 sind weitere gesetzliche Erben der Erblasserin bzw. Erben nachverstorbener gesetzlicher Erben.
Am 13.8.2000 errichtete die Erblasserin folgendes handschriftliche Testament:
Zitat
"Ich (Erblasserin) vererbe Meiner Großnichte K.M. (= Beteiligte zu 3) geb. Z das Haus u. den Grund. Meinen Schmuck bekommt K.M. (= Beteiligte zu 3). "
.Mein Vermögen teilt sich mit ihrer Mutter frau H.Z. wohnhaft in ... u. ist meine Nichte
Meine Konten auf ...
Ich selber will verbrannt werden
(Unterschrift)“
Des Weiteren schloss die Erblasserin mit dem Beteiligten zu 2 am 10.10.2001 einen Erbvertrag, in dem sie den Beteiligten zu 2 ausdrücklich erbvertragsmäßig zu ihrem Alleinerben einsetzte.
Dessen am 10.3.2005 formgerecht gestellten Erbscheinsantrag wies das Nachlassgericht mit Beschluss vom 23.5.2007 zurück, da nach Überzeugung des Nachlassgerichts die Erblasserin bereits am 10.10.2001 testierunfähig gewesen sei. Die von dem Beteiligten zu 2 eingelegte Beschwerde wie auch dessen weitere Beschwerde (31 Wx 57/09) gegen den Zurückweisungsbeschluss des Landgerichts vom 9.3.2009 blieben erfolglos.
Die Beteiligte zu 3 ihrerseits beantragte am 20.5.2010 unter Berufung auf das Testament vom 13.8.2000 formgerecht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Die Beteiligte zu 1 ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten, da sie der Auffassung ist, dass die Erblasserin bereits im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 13.8.2000 testierunfähig gewesen sei. Der Beteiligte zu 7 hat ohne nähere Begründung "Einspruch" gegen die Erteilung des beantragten Erbscheins erhoben.
Der Beteiligte zu 2 ist unter Bezugnahme auf zwei von ihm mit Schreiben vom 23.3.2009 vorgelegte Fotokopien des Testaments vom 13.8.2000, die vom Nachlassgericht am 24.3.2009 eröffnet wurden, der Auffassung, dass die Beteiligte zu 3 aufgrund der auf den Fotokopien vermerkten Zusätze nicht Alleinerbin geworden sei.
In der einen Fotokopie A 1 des Testaments vom 13.8.2000 wurde das Wort "Haus" mit einem hochgestellten "X" gekennzeichnet. Der unterhalb der Unterschrift der Erblasserin in dem Testament vom 13.8.2000 in originalhandschriftlicher Form niedergelegte nur teilweise lesbare Text lautet:
Zitat
X
... (?) Anbau ...(?) mein Mieter H. (siehe Plan)“
Bei der weiteren Fotokopie A 2 handelt es sich um eine Kopie der vorgenannten Fotokopie. Unterhalb des mit einem X gekennzeichneten Zusatzes enthält die Fotokopie A 2 den originalhandschriftlichen Zusatz:
Zitat
"Kopie = Original "
(Unterschrift)
Mit Beschluss vom 21.7.2010 kündigte das Nachlassgericht an, einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 3 als Alleinerbin der Erblasserin ausweist. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2. Dieser ist der Auffassung, dass der auf der einen Fotokopie A 1 vermerkte Zusatz wie folgt lautet: "den Anbau erbt mein Mieter H. (siehe Plan)" und die beiden Fotokopien zusammen mit dem Originaltestament vom 13.8.2000 eine einheitliche Urkunde darstellen. Angesichts des Wertverhältnisses des Anbaus zum Gesamtnachlass sei eine Miterbeneinsetzung des Beteiligten zu 2 in Höhe von (mindestens) 1/3 angeordnet. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Nachlassgericht das Originaltestament vom 13.8.2000, nicht jedoch die zwei mit originalhandschriftlichen Zusätzen versehenen Fotokopien des vorgenannten Testaments für die Bestimmung der Erben der Erblasserin als maßgebend angesehen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Erblasserin durch ihre eigenhändigen Zusätze auf den Fotokopien des Originaltestaments vom 13.8.2000 kein formwirksames eigenhändiges Testament in Gestalt eines einheitlichen Ganzen errichtet.
1. Gemäß § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. "Eigenhändigkeit" im Sinn von § 2247 BGB bedeutet, dass der Erblasser den gesamten Wortlaut des Testaments mit der Hand selbst schreiben muss. Dieses Formerfordernis ist unerlässlich, um die Echtheit des Testaments aufgrund der individuellen Merkmale, die die Handschrift eines jeden Menschen aufweist, überprüfen zu können (OLG München NJW-RR 2006, 11 mwN). Ein in diesem Sinn formwirksames Testament kann aber auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierende die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschrieb...