II.
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten hat auch in der Sache Erfolg.
Der Antrag der Beteiligten auf Erteilung eines Alleinerbscheins nach gesetzlicher Erbfolge ist entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts begründet. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
Die Beteiligte ist Alleinerbin der Erblasserin nach gesetzlicher Erbfolge. Die gewillkürte Erbfolge kommt nicht zum Tragen, weil die Einsetzung ihres Ehemannes als Alleinerben durch den Erbvertrag vom 24.6.1985 infolge seines Vorversterbens und mangels Einsetzung von Ersatzerben gegenstandslos ist. Da Erben erster Ordnung (§§ 1924, 1930 BGB) nicht vorhanden und die Eltern der Erblasserin vorverstorben sind, kommen als Erben zweiter Ordnung gem. § 1925 BGB nur die noch lebende Schwester M. M. sowie die Beteiligte und W. G. als Kinder der vorverstorbenen weiteren Schwester der Erblasserin in Betracht. M. M. und W. G. sind indes infolge ihrer Ausschlagungserklärungen als Erben gem. § 1953 Abs. 1 BGB weggefallen.
Die Ausschlagungserklärung des W. G. vom 18.9.2020 ist formgerecht zur Niederschrift des Nachlassgerichts gem. § 1945 Abs. 1 BGB und fristgerecht gem. §§ 1944 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 1945 Abs. 1 BGB erfolgt. Abkömmlinge hat W. G. nicht, so dass sein Erbteil gem. § 1953 Abs. 2 BGB an die Beteiligte fällt.
Auch die Ausschlagung der M. M. ist wirksam. Die Ausschlagung ist fristgerecht erfolgt. Sie lebt im Ausland, so dass die Ausschlagungsfrist gem. § 1944 Abs. 3 BGB sechs Monate beträgt. Der Erbfall erfolgte am 18.7.2020. Die Ausschlagungserklärung ist am 20.10.2020 – auch in deutscher Sprache – beim Nachlassgericht eingegangen, so dass die Ausschlagungsfrist unabhängig davon, wann die Frist zu laufen begann, gewahrt worden ist.
Die Ausschlagung der M. M. ist auch formgerecht erklärt worden. Dabei kann offenbleiben, ob sich die Bestimmung des auf die Form der Ausschlagung anwendbaren Rechts nach Art. 28 EuErbVO oder Art. 11 Abs. 1 EGBGB richtet, weil nach beiden Vorschriften auf die Form alternativ brasilianisches Recht (Ortsform) und deutsches Recht (das anzuwendende Erbrecht) zur Anwendung kommt. Die Ortsform ist allerdings nicht gewahrt, weil nach brasilianischem Recht (Art. 1806 Zivilgesetzbuch) eine Ausschlagungserklärung mittels öffentlicher Urkunde oder zu Protokoll des Gerichts erfolgen muss. Hier ist die Ausschlagungserklärung weder mittels öffentlicher Urkunde noch zu Protokoll eines Gerichts erfolgt.
Die Form der Ausschlagung ist allerdings nach deutschem Recht, dem auf die Erbfolge anwendbaren Recht (Art. 28 EuErbVO, Art. 11 Abs. 1 EGBGB), gewahrt. Nach § 1945 Abs. 1 BGB ist die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Hier liegt die Ausschlagung in öffentlich beglaubigter Form vor. Zwar ist davon auszugehen, dass die öffentliche Beglaubigung im Sinne von § 1945 Abs. 1 2. Hs. Alt. 2 BGB grundsätzlich die Beglaubigung durch einen deutschen Notar meint. Allerdings ist die Beglaubigung der Unterschrift der Ausschlagungserklärung der M. M. durch einen deutschen Notar im vorliegenden Fall im Wege der Substitution durch die Beglaubigung einer vergleichbaren autorisierten Person im Sinne des brasilianischen Rechts ersetzt worden.
Bei der Substitution stellt sich die Frage, ob ein von einer in- oder ausländischen Norm vorausgesetztes Tatbestandsmerkmal auch dadurch erfüllt werden kann, dass es sich im Geltungsbereich eines nicht berufenen Rechts verwirklicht. Die Substitution hängt nach allgemeiner Ansicht davon ab, ob das in Frage stehende ausländische Rechtsinstitut dem an sich vorausgesetzten inländischen Rechtsinstitut nach der ratio der Norm bezüglich der beurkundenden Person und des Beurkundungsvorgangs funktional gleichwertig ist (Staudinger/Looschelders, BGB, Neubearbeitung 2019, Stand 18.12.2020, Einleitung IPR Rn 1219, 1220 m.w.N.; Palandt/Thorn, BGB, 79. Aufl. 2020, Art. 11 EGBGB Rn 9 m.w.N.; Schmidt/Kottke, ErbR 2021, 10, 16). Von einer solchen Gleichwertigkeit ist hier auszugehen.
Die Aufgaben der brasilianischen Notare entsprechen den typischen Aufgaben lateinischer Notare. Dazu gehören u.a. auch Unterschriftsbeglaubigungen. Dabei sind die Notare in Brasilien befugt, sogenannte Schreiber ("escreventes") als Vertreter zu beschäftigen, die gesetzlich befugt sind, bestimmte notarielle Akte durchzuführen (Art. 20 des Gesetzes Nr. 8.935 vom 19.11.1994). Hierzu zählen u.a. Unterschriftsbeglaubigungen, nicht aber Beurkundungen. Dementsprechend ist die Unterschrift der Maria Elisabeth Müller nicht nur von einer Schreiberin ("escreventes") beglaubigt worden, sondern deren Beglaubigung wiederum "überbeglaubigt" worden. Dafür, dass die Schreiberin zur Beglaubigung der Unterschrift der Maria Elisabeth Müller befugt war, spricht im Übrigen auch Art. 5 Abs. 2 des – auf brasilianische Urkunden anwendbaren – Haager Übereinkommens zur B...