Die Erbengemeinschaft stellt eine Zwangsgemeinschaft dar, die auf Auseinandersetzung angelegt ist. Diese Auseinandersetzung stellt die anwaltlichen Berater häufig vor eine große Herausforderung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Erbengemeinschaft zerstritten oder durch weitere Erbfälle verschachtelt ist. Die einvernehmliche Auseinandersetzung (erster Weg) ist in solchen Situationen häufig nicht möglich; zu viele tatsächliche und emotionale Baustellen sind zu überwinden, die eine ressourcensparende Lösung verhindern. Die Erbteilungsklage nach § 2042 BGB bietet der klagenden Miterben als "ultima ratio" die Möglichkeit, von dem oder den Miterben die außergerichtlich verweigerte Zustimmung zu einem qualifizierten Teilungsplan ("Vertragsangebot") zur Auflösung des Gesamthandsvermögens der Erbengemeinschaft zu erzwingen. Dieser Weg hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der Nachlass teilungsreif ist, also alle Nachlassverbindlichkeiten berichtigt und alle Nachlassgegenstände versilbert sind. Bereits ein körperlicher Nachlassgegenstand ist ausreichend, um die Klage scheitern zulassen.
Doch das Gesetz hält einen dritten Weg vor, der in der Vergangenheit aber kaum bis gar nicht beschritten wurde: die Nachlassinsolvenz (§§ 315 ff. InsO). Das Insolvenzverfahren über den Nachlass wird auf Antrag eröffnet, wenn der Nachlass zahlungsunfähig oder der Nachlass überschuldet ist. Daneben steht u.a. den Miterben als weiterer Insolvenzgrund die drohende Zahlungsunfähigkeit zur Verfügung. Die drohende Zahlungsunfähigkeit berücksichtigt die in Zukunft fällig werdenden Ansprüche aus dem Nachlass, § 18 Abs. 2 InsO. Ist also zu erwarten, dass zukünftig keine hinreichende Liquidität mehr im Nachlass vorhanden ist, dann ist dies bereits ausreichend, um das Verfahren der Nachlassinsolvenz zu eröffnen. Dies ist etwa auch der Fall, wenn zwar erhebliches Immobilienvermögen vorhanden ist, aber das vorhandene Guthaben auf den Nachlasskonten nicht ausreicht, um zukünftige Ansprüche zu bedienen. Die Nachlassinsolvenz kann auch noch nach sehr langer Zeit und auch nach mehreren Erbfällen eröffnet werden. Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens führt dann dazu, dass der Verwalter ungeachtet der bürgerlich-rechtlichen Eigentumslage, der Klärung der diversen Erbgänge und der emotionalen Baustellen zur Veräußerung der Nachlassgegenstände und zur endgültigen Auseinandersetzung des Nachlasses berechtigt ist.
Das Verfahren der Nachlassinsolvenz ist nicht ganz günstig (§ 2 InsVV), aber unglaublich effektiv und sollte im Zusammenhang mit zerstrittenen Erbengemeinschaft immer mit in den Blick genommen werden.
ZErb 10/2022, S. I