Leitsatz
1. Bei einer befristeten Beschwerde gegen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft ist das Amtsgericht zu einer Abhilfeprüfung nicht befugt.
2. Das Jugendamt ist gegen die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft beschwerdebefugt, wenn es bereits zuvor zum Vormund des betroffenen minderjährigen Kindes bestellt war (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 23. November 2011 – XII ZB 293/11 – FamRZ 2012, 292 f = NJW 2012, 685 f = MDR 2012, 301 f).
3. Bei einem Beschluss, mit dem durch das Amtsgericht eine Erbausschlagung des minderjährigen Kindes genehmigt wird, ist auch dann für die Entgegennahme durch das Kind gem. § 41 Abs. 3 FamFG ein Ergänzungspfleger erforderlich, wenn das Kind nicht durch die Eltern, sondern durch das Jugendamt als Vormund vertreten wird und dieses die Genehmigung beantragt hat (Fortführung von Senatsbeschluss vom 4. Mai 2011 – 10 UF 78/11 – Rpfleger 2011, 436 f = ZErb 2011, 198 ff).
OLG Celle, Beschluss vom 11. September 2012 , 10 UF 56/12
Sachverhalt
Das für das betroffene minderjährige Kind zum Vormund bestellte Jugendamt hat beim Amtsgericht die Genehmigung einer für das Kind am 20. Dezember 2011 erklärten Erbausschlagung in der Nachlassangelegenheit nach Frau S. M. beantragt.
Das Amtsgericht hat nach Gewährung rechtlichen Gehörs mit Beschluss vom 27. Februar 2012 für den Wirkungskreis "Entgegennahme der Zustellung des noch zu erlassenden Beschlusses über die Genehmigung der Erbausschlagung vom 20. Dezember 2011 gegenüber dem zuständigen Amtsgericht – Nachlassgericht – Hannover (56 VI 4484/11) und die Erklärung eines Rechtsmittelverzichts bzw. Einlegung eines Rechtsmittels gegen diesen Beschluss für den Minderjährigen" Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zugleich hat es einen Rechtsanwalt zum Ergänzungspfleger bestellt.
Gegen die in dem Beschluss ausgesprochene Anordnung einer Ergänzungspflegschaft richtet sich die am 5. März 2012 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde des Vormundes. (...) Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13. März 2012 "der Beschwerde ... nicht abgeholfen" und die Sache dem Senat vorgelegt.
Aus den Gründen
(...) Die Beschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet. Der Senat hat bereits in dem – dem BGH-Beschluss vom 23. November 2011 (aaO) zugrundeliegenden Beschluss vom 4. Mai 2011 (10 UF 78/11 – Rpfleger 2011, 436 f = ZErb 2011, 198 ff = ERbBstg 2011, 186 f = FamFR 2011, 287 = BeckRS 2011, 10185 = juris = FamRZ 2011, 1304 [Ls]) – ausgeführt:
"Das Amtsgericht hat zu Recht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet. Nach § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Eine Verhinderung der Eltern oder – wie hier – eines allein sorgeberechtigten Elternteils ist gemäß § 1629 Abs. 2 S. 3 BGB iVm § 1796 Abs. 2 BGB insbesondere gegeben, wenn das Interesse des betroffenen Kindes zu dem Interesse der Kindesmutter in erheblichem Gegensatz steht. "
Teilweise wird die Ansicht vertreten, ein allein sorgeberechtigter Elternteil könne das Kind grundsätzlich nicht in einem Erbausschlagungsverfahren vertreten, weil das Interesse des Kindes zu demjenigen der Mutter in erheblichem Gegensatz stehe, sodass die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig sei (vgl. KG Berlin – Beschluss vom 4. März 2010 – 17 UF 5/10 – FamRZ 2010, 1171-1173). In Verfahren, die die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand haben, könne das rechtliche Gehör nicht durch den Vertreter des durch die Entscheidung in seinen Rechten Betroffenen wahrgenommen werden. Es sei nicht zu erwarten, dass der Elternteil, wenn die zu erlassende Entscheidung seinem Antrag entspricht, den Beschluss noch einmal unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls prüft (vgl. KG Berlin aaO).
Das Kammergericht stützt seine Entscheidung zur Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers maßgeblich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens das rechtliche Gehör im Regelfall nicht durch denjenigen vermittelt werden kann, dessen Handeln im Genehmigungsverfahren überprüft werden soll (vgl. BVerfG – Beschluss vom 18. Januar 2000 – 1 BvR 321/96 – NJW 2000, 1709-1711). Die nachlassgerichtliche Genehmigung eines von einem Nachlasspfleger abgeschlossenen Erbauseinandersetzungsvertrags ohne Anhörung der Erben verletzt danach die Grundsätze des fairen Verfahrens. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor entschieden, dass ein Dritter das rechtliche Gehör nur vermitteln kann, wenn er das Vertrauen des Berechtigten genießt oder einer besonderen rechtsstaatlichen Objektivitätspflicht unterworfen ist (vgl. BVerfG – Beschluss vom 30. Oktober 1990 – 2 BvR 562/88 – NJW 1991, 1283 ff).
Nach anderer Auffassung ist dem Kind in einem Erbausschlagungsverfahren nicht grundsätzlich zur Wahrnehmung der Verfahrensrechte ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Die Entziehung der Vertretungsmacht komme nur in Betracht, wenn im Einzelfall – über eine allgemeine typische Risikolage hinaus – konkrete Hinweise auf einen Interessengegensatz zwi...