Leitsatz
Ein notarielles Nachlassverzeichnis ist nicht bereits deshalb unzureichend, weil der zur Auskunft Verpflichtete bei der Erstellung des Verzeichnisses nicht anwesend war. Ist dieser bereits vorab über seine Mitwirkungs- und Auskunftsverpflichtungen belehrt worden, wäre eine erneute Anwesenheitsverpflichtung bloße Förmelei. Das notarielle Nachlassverzeichnis ist auch dann nicht unzureichend, wenn der Auskunftsberechtigte bei Erstellung des Nachlassverzeichnisses ebenfalls nicht anwesend war, da das Anwesenheitsrecht des Auskunftsberechtigten in erster Linie dazu dient, dem Berechtigten im Rahmen einer ersten Erfassung des Nachlasses einen Überblick sowie eine Kontrolle und Mitwirkung zu ermöglichen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. September 2015 – 3 W 89/15
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Verhängung von Zwangsmitteln zur Erteilung einer Auskunft über den Bestand des Nachlasses ihrer Mutter (...) durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.
Die Parteien sind Geschwister; ein weiterer Bruder ist im Laufe des erstinsatnzlichen Erkenntnisverfahrens am 13.10.2014 verstorben und von seiner Ehefrau sowie seinen beiden Kindern beerbt worden; diese haben das Verfahren zunächst fortgeführt. Mit notariellem Testament vom 1.12.1995 setzte die Erblasserin, deren Ehemann vorverstorben war, die Beschwerdeführerin zu ihrer alleinigen Erbin mit der Maßgabe ein, dass ihre beiden Söhne bereits zu Lebzeiten hinreichende Zuwendungen erhalten hätten, die auf deren Pflichtteil anzurechnen seien.
Die am 25.2.2013 verstorbene Erblasserin hat Grundbesitz (in Wachenheim, [...]) und bewegliches Vermögen hinterlassen; Bestand und Wert des Nachlasses sind zwischen den Beteiligten umstritten. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.4.2013 forderten der Beschwerdegegner und sein Bruder die Beschwerdeführerin erstmals zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf. Ein solches, durch den Notar (...) erstelltes, Verzeichnis legte die Beschwerdeführerin am 27.5.2013 vor (UR.-Nr. [...]). Hierzu hatte der Notar – im Beisein der Beschwerdeführerin – lediglich die beweglichen Gegenstände im Hausanwesen in Augenschein genommen; alle weiteren Angaben zum Nachlass hatte er von der Beschwerdeführerin übernommen. Den durch sie geräumten Grundbesitz veräußerte die Beschwerdeführerin am 27.11.2014.
Da der Beschwerdegegner und sein Bruder das vorgelegte Verzeichnis für unzureichend erachteten, erhoben sie mit Schriftsatz vom 28.5.2014 Stufenklage gegen die Beschwerdeführerin vor dem Landgericht Frankenthal (Pfalz). Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 23.12.2014 schlossen die Erben des zuvor verstorbenen Bruders mit der Beschwerdeführerin zur Abgeltung der wechselseitig geltend gemachten Ansprüche einen Vergleich dahingehend, dass die Beschwerdeführerin einen Betrag iHv 25.000 EUR an die Erbengemeinschaft zahlt. Da sich das Verzeichnis vom 27.5.2013 namentlich im Hinblick auf die das Hausinventar übersteigenden Aktiva (v. a. Immobilie, Kontenguthaben, Nachlasseinkünfte) und Passiva des Nachlasses sowie auf pflichtteilsrelevante Zuwendungen und Empfänge als unzureichend darstellte, wurde die Beschwerdeführerin am 15.1.2015 durch mittlerweile in Rechtskraft erwachsenes Teilurteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) antragsgemäß zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses gegenüber dem Beschwerdegegner durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses verurteilt.
Da bis zu diesem Zeitpunkt kein (weiteres) Bestandsverzeichnis vorgelegt wurde, beantragte der Beschwerdegegner mit Schriftsatz vom 10.4.2015 die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Beschwerdeführerin. Diese teilte daraufhin mit, dass der von ihr beauftragte Notar (...) mit Schreiben vom 2.12.2014 mitgeteilt habe, keine Notwendigkeit zur Ergänzung seines ersten Bestandsverzeichnisses zu sehen. Auf mehrmalige eigene und Intervention ihrer Prozessbevollmächtigten sowie einen – allerdings abschlägig beschiedenen – Antrag an die Präsidentin des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hin, den Notar zur unverzüglichen Erstellung des Verzeichnisses dienstlich anzuweisen, erklärte dieser sich Mitte Februar 2015 zu einer Ergänzung bis zum 30.4.2015 bereit. Zwischenzeitlich hatte der Notar erklärt, sich befangen zu fühlen und den Beschwerdegegner nicht mehr in seinen Büroräumen zu akzeptieren, nachdem sich dieser mehrfach über ihn bei der Notarkammer beschwert hatte. Mit Datum vom 29.5.2015 legte der Notar sodann ein ergänztes Nachlassverzeichnis mit zahlreichen Anlagen vor (UR.-Nr.[...]).
Mit Beschluss vom 14.7.2015 hat der Einzelrichter der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) gegen die Beschwerdeführerin ein Zwangsgeld iHv 500 EUR ersatzweise Zwangshaft, zur Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses nach dem Versterben der (...) verhängt, das die beim Erbfall vorhandenen Mobilien, Immobilien und Forderungen (Aktiva), die beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden), alle pflichtteilsergänzungsrelevanten ...