Das Land Niedersachsen hat am 29.6.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Veröffentlichung von Informationen über Geld- und Wertpapiervermögen Verstorbener zugunsten unbekannter Erben in den Bundesrat eingebracht (Bundesrat, Drucksache 379/20). Als § 2027a BGB, also unter Erbschaftsanspruch, soll folgender Paragraf hinzugefügt werden:
Zitat
"(1) Das Bundesamt für Justiz wird die nach § 51a Absatz 2c Nummer 3 Satz 12 Einkommensteuergesetz übermittelten Daten über eine Internetseite zugänglich machen. Die Veröffentlichung ist mit einer Suchfunktion auszustatten."
(2) Die jeweiligen Daten sind für die Dauer von 3 Jahren nach der letzten Übermittlung und längstens für 30 Jahre nach dem Sterbetag vorzuhalten.“
In § 51a Abs. 2c S. 1 Nr. 3 EStG sollen die folgenden Sätze 11 und 12 neu eingefügt werden:
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"Ist der Schuldner der Kapitalertragsteuer verstorben, werden darüber hinaus die gespeicherten Daten zum Sterbetag, zu früheren Namen und zur letzten bekannten Anschrift mitgeteilt. Bei jeder erneuten Anfrage für diesen Schuldner werden zudem dessen Vor- und Familienname, das Geburtsdatum, die Daten nach Satz 11 und der Name des Kirchensteuerabzugsverpflichteten dem Bundesamt für Justiz mitgeteilt."
Niedersachsen sieht vollkommen zu Recht das Risiko, dass Erben Geldkonten oder Wertpapierdepots unbekannt bleiben. Die Ermittlung könne Erben "gar unmöglich" sein. Sie kommen dann nicht an ihr Eigentum. Es geht um die sogenannten nachrichtenlosen, unbewegten oder auch herrenlosen Konten. Das Finanzministerium von NRW geht bundesweit von bis zu 2 Mrd. EUR auf solchen Konten aus.
Die vorgeschlagene Regelung knüpft an das Verfahren zum Abruf von Kirchensteuerabzugsmerkmalen an. Würde in diesem Verfahren den zur Anfrage Verpflichteten vom Bundeszentralamt für Steuern ein sogenannter Nullwert zurückgemeldet, so seien auch Sterbefälle davon umfasst, ohne dass dieses bislang aber offengelegt wird. Zukünftig sollen manche Sterbeinformationen den Anfragenden, also den Kreditinstituten, stets zurückgemeldet werden, so die Gesetzesbegründung. Einerseits können die Kreditinstitute mit diesen "Sterbeinformationen" dann gezielt eigene Erbenermittlungen durchführen. Andererseits sollen die von dem darauffolgenden Abruf relevanten Daten des Verstorbenen und des Kreditinstitutes auch an das Bundesamt für Justiz übermittelt werden. Dieses soll ein zentrales und öffentlich einsehbares Register im Internet führen, "in dem Erben ohne Zugangsbeschränkungen alle für die weitere Geltendmachung ihrer Vermögensansprüche relevanten Informationen nachsuchen können."
Die Bundesrechtsanwaltskammer begrüßt den Gesetzesvorschlag grundsätzlich, regt aber zum einen einen anderen Standort im 5. Buch des BGB für die zu schaffende neue Norm an und zum anderen eine Erweiterung des § 33 ErbStG. Die Bundesrechtsanwaltskammer schlägt vor, dass jeder Erbe die Erbschaftsteuermitteilungen vom Finanzamt erhalten kann. Die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer, vorbereitet durch den Ausschuss für Familien- und Erbrecht, Berichterstatter ist C.-H. Horn, hat folgenden Wortlaut:
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"Die Bundesrechtsanwaltskammer nimmt gerne die Gelegenheit wahr, zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Veröffentlichung von Informationen über Geld- und Wertpapiervermögen Verstorbener zugunsten unbekannter Erben Stellung zu nehmen. Die geplanten neuen Regelungen können ein tatsächlich bestehendes Problem bei der Abwicklung vieler Erbschaften lösen. Finden Erben in den Nachlassunterlagen keinen Hinweis auf sämtliche Bankverbindungen des Verstorbenen, haben sie kaum eine Chance, diese unbekannten Nachlasspositionen zu recherchieren. Mit dem Vorschlag des Landes Niedersachsen, an den bestehenden Datenabgleich zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und den Kreditinstituten anzuknüpfen, ist ein effektiver Weg gefunden, den zusätzlichen Aufwand im Rahmen zu halten und Erben bei der Ermittlung des Nachlasses zu verhelfen."
Gleichwohl erscheint es der Bundesrechtsanwaltskammer systemwidrig, den neuen § 2027a BGB unter den Regelungen zum Erbschaftsanspruch zu integrieren. Des Weiteren ist der Begriff "unbekannte Erben" insoweit missverständlich, da er auch dann verwendet wird, wenn objektiv gesehen und tatsächlich die Erben unbekannt sind. So kann etwa ein Erbprätendentenstreit vor Gericht anhängig sein.
Dies vorausgeschickt, regt die Bundesrechtsanwaltskammer an, im weiteren Gesetzgebungsverfahren folgende Anregungen zu berücksichtigen:
Zu Artikel 1: Einfügung in § 51a Abs. 2c S. 1 Nr. 3 EStG
1. Die Bundesrechtsanwaltskammer begrüßt die Anknüpfung an das Meldesystem zur Kirchensteuer. Die Erweiterung der übermittelten Daten um erbfallrelevante Informationen nach dem Versterben des Kunden an das Kreditinstitut ist sinnvoll. Es erhält so auf verlässliche Art und Weise innerhalb von maximal zwölf Monaten nach dem Ableben seines Kunden Kenntnis von dessen Tod und kann so überprüfen, ob gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreter noch verfügungsberechtigt sind. Solange einer Bank der Tod des Kunden unb...