Ein gemeinschaftliches Testament ist gem. § 2268 Abs. 1 BGB in den Fällen des § 2077 BGB, mithin im Fall der Auflösung der Ehe vor dem Tod, seinem ganzen Inhalt nach unwirksam. § 2268 Abs. 1 BGB soll jedoch nur als "widerlegbare Auslegungsregel" fungieren. Gem. § 2268 Abs. 2 BGB tritt die Unwirksamkeit nicht ein, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung auch für den Fall der Auflösung der Ehe getroffen sein würde. Da ein gemeinschaftliches Testament sowohl wechselbezügliche als auch einseitige Verfügungen enthalten kann, stellt sich unweigerlich die Frage, ob auch wechselbezügliche Verfügungen nach einer Scheidung wirksam bleiben können. Wechselbezügliche Verfügungen i.S.v. § 2270 Abs. 1 BGB sind immer dann anzunehmen, wenn die Verfügung eines Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Die Verfügung des einen Ehegatten soll mithin mit der anderen "stehen und fallen". Da § 2268 Abs. 2 BGB nicht zwischen wechselbezüglichen Verfügungen und einseitigen Verfügungen differenziert, hat der BGH klargestellt, dass Verfügungen nach der Ehescheidung nicht zwangsläufig ihre Wechselbezüglichkeit verlieren. Damit können auch wechselbezügliche Verfügungen nach einer Scheidung gem. § 2268 Abs. 2 BGB wirksam bleiben. Eine entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Willen der Beteiligten (sog. Aufrechterhaltungswille) zu. Allein der Wille der Testierenden soll nach der Auffassung des BGH darüber entscheiden, ob einzelne Verfügungen nach der Eheauflösung wirksam bleiben oder nicht. Wenn die Parteien einen solchen Willen nicht ausdrücklich festhalten würden, dann sei nach der Ansicht des BGH der hypothetische Wille im Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich.
1. Problem des hypothetischen Fortgeltungswillens
Aus dem Erfordernis der Feststellung des hypothetischen Willens resultiert ein erhebliches praktisches Problem: Es ruft zwangsläufig Auslegungsprobleme hervor. Dies gilt insbesondere für die Konstellation, in der die Ehegatten nicht ausdrücklich festgehalten haben, ob das Testament nach der Scheidung seine Wirksamkeit verlieren soll oder nicht. Eine solche Situation wird in der Praxis häufig anzutreffen sein, da sich die wenigsten Eheleute während einer funktionierenden Ehe Gedanken über ihre Scheidung machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eheleute bei der Erstellung des gemeinschaftlichen Testaments nicht rechtlich beraten werden. Da ein gemeinschaftliches Testament nicht notariell beurkundet werden muss, stellt die rechtliche Beratung nicht die Regel dar. Aus Kostengründen können und werden zahlreiche Eheleute von dem Gang zum Rechtsanwalt oder Notar absehen. Die Ermittlung eines hypothetischen Erblasserwillens scheint für sich genommen zwar nicht unüblich zu sein, sie bereitet bei gemeinschaftlichen Testamenten jedoch besondere Schwierigkeiten. Denn wenn die Erblasser den Fall der Scheidung im Testament nicht ausdrücklich bedacht haben, dann deutet dies darauf hin, dass sie einen solchen Fall zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen haben. Welche glaubhaften Anhaltspunkte werden dann schon zu erwarten sein? Die Indizien, die die Gerichte für die Annahme eines hypothetischen Willens finden werden, erscheinen in den meisten Fällen spekulativ. Damit besteht in der Praxis ein erhebliches Auslegungsproblem.
2. Problem des Widerrufs
Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Testamenten stellt der Widerruf von wechselbezüglichen Verfügungen dar. Da wechselbezügliche Verfügungen nach der Rechtsprechung des BGH auch nach der Scheidung wirksam sein können, bedeutet dies in der Konsequenz, dass die Testierenden wechselbezügliche Verfügungen auch nach der Eheauflösung nur in der in § 2271 Abs. 1 BGB ni...