Leitsatz
Ob eine Vollmacht, die zum Zweck der Vermeidung einer Betreuerbestellung und insbesondere für die Bereiche Gesundheit, ärztliche und pflegerische Maßnahmen und Aufenthaltsbestimmung ausgestellt wurde, über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten soll, ist durch Auslegung zu ermitteln.
OLG München, Beschluss vom 7. Juli 2014 – 34Wx 265/14
Sachverhalt
Der Beteiligten gehört Wohnungs- und Teileigentum (Bl 7843: Miteigentumsanteil zu 140/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 5; Bl 7847: 10/1000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Hobbyraum Nr. 9; Bl 25739 – ehemals Bl 7853: 1/2 Miteigentumsanteil an 10/1000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an der Garage Nr. 15). In der Zweiten Abteilung (Nrn. 2 und 3) sind jeweils ein Nießbrauch und eine Rückauflassungsvormerkung – bedingt – für Anna Maria K. eingetragen. Soweit hier bedeutsam hat die Beteiligte mit Urkunde vom 24.2.2014 am 27.3.2014 Löschungsbewilligung und -antrag im eigenen Namen sowie aufgrund einer Vollmacht für die Erbengemeinschaft der am 21.1.2014 verstorbenen Berechtigten gestellt. Bei der notariell beglaubigten Abschrift der Vollmacht vom 27.9.2009 handelt es sich um ein weithin gebräuchliches Formular (aus "Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter" Verlag C.H. Beck), in dessen Einleitung es heißt:
Durch diese Vollmachtserteilung soll eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Die Vollmacht bleibt daher in Kraft, wenn ich nach ihrer Errichtung geschäftsunfähig geworden sein sollte.
Umfasst werden (u. a.) neben Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit auch Aufenthalts- und Vermögenssorge. Die im Formular mit Text unterlegten Einzelbereiche sind angekreuzt, individuelle Ergänzungen nicht angebracht.
Das Grundbuchamt hat mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 1.4.2014 die fehlende Löschungsbewilligung der Erben unter entsprechendem – förmlichem – Erbnachweis beanstandet. Weder der Anspruch noch die Rückauflassungsvormerkung selbst seien auf die Lebenszeit der Berechtigten befristet. Die vorgelegte Vollmacht der Verstorbenen erscheine als Vorsorgevollmacht, für den Fall des Versterbens der Berechtigten seien keine Angaben gemacht. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist hat das Grundbuchamt am 5.6.2014 die Eintragungsanträge zurückgewiesen und sich auf die nicht behobenen Eintragungshindernisse bezogen.
Gegen die Antragszurückweisung richtet sich die namens der Grundstückseigentümerin eingelegte notarielle Beschwerde. Das Erlöschen der Vollmacht richte sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Dies sei in der Regel ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der im Zweifel nicht mit dem Tod des Auftraggebers erlösche. Die Vollmacht sei daher hier als wirksam anzusehen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Vollmacht ein über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortbestehendes Rechtsverhältnis zugrunde liege. Eine Vorsorgevollmacht erlösche aber mit dem Tod des Vollmachtgebers, wenn aus der Urkunde nichts anderes ersichtlich sei.
Aus den Gründen
Die nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO iVm § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 2 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen die Antragszurückweisung hat keinen Erfolg. Der Senat hat ungeachtet der unterbliebenen Anfechtung der Zwischenverfügung vom 1.4.2014 auch über den dort genannten Hinderungsgrund zu befinden (Demharter GBO, 29. Aufl., § 18 Rn 54).
1. Die Löschung der eingetragenen Vormerkungen kann, weil eine Befristung auf die Lebenszeit der Berechtigten nicht ersichtlich ist, nicht schon aufgrund Todesnachweises vorgenommen werden. Darauf hat das Grundbuchamt bereits in seiner Zwischenverfügung zutreffend hingewiesen, die Beteiligte hiergegen auch nichts vorgebracht. Die Erben als Gesamtrechtsnachfolger (§§ 1922, 2040 Abs. 1 BGB) sind bewilligungsberechtigt, sind aber auch an eine etwaige Vollmacht über den Tod hinaus, die der Erblasser erteilt hat, gebunden (Demharter, § 19 Rn 81), d. h. sie müssen Rechtshandlungen des wirksam Bevollmächtigten für den Erblasser gegen sich gelten lassen.
a) Das Grundbuchamt – im Rechtsmittelverfahren das Beschwerdegericht im Umfang des Rechtsmittels – prüft die Wirksamkeit einer Vollmacht und den Umfang der Vertretungsmacht selbständig, auch wenn der Notar die Vollmacht für ausreichend erachtet hat (Demharter, § 19 Rn 74.1 mwN). Ist die Vollmacht ihrem Inhalt nach nicht eindeutig, ist sie nach den allgemeinen Regeln für Grundbucherklärungen (z. B. BGHZ 92, 352/355) auszulegen. Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gilt der Grundsatz, dass der geringere Umfang der Vollmacht anzunehmen ist, wenn sich der größere nicht nachweisen lässt (BayObLG Rpfleger 1996, 332; Demharter, § 19 Rn 75). Was die Fortdauer der Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus angeht, ist gemäß § 168 BGB das der Vollmachtserteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zu beachten. Im Fall nachgewiesener Geschäftsbesorgung gilt die Auslegungsregel des § 672 BGB (siehe Demharter § 19 Rn 81), sodass im Grundsatz vom Fortb...