Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig, §§ 58, 59 FamFG.
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Gemäß Art. 229 § 36 EGBGB sind auf Verfahren zur Erteilung von Erbscheinen nach einem Erblasser, der vor dem 17.8.2015 verstorben ist, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Hiernach finden auf den vorliegenden Fall die Vorschriften des "alten" Rechts Anwendung, da der Erblasser bereits im Jahre 2010 verstorben ist.
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Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zu Recht zurückgewiesen. Denn sie und die Beteiligte zu 2 sind nicht zu je ½ Erben des Erblassers geworden.
Im Ergebnis zu Recht hat das Nachlassgericht entschieden, dass die Beteiligten zu 1 und 2 nach dem Erbvertrag vom 7.5.1991 nicht zu je ½ als Erben eingesetzt worden sind.
Aufgrund des Erbvertrages sind – zunächst – die Beteiligten zu 1–3 zu gleichen Teilen zu Erben berufen worden. Richtig ist, dass der Beteiligte zu 3 infolge seines Zuwendungsverzichts im notariellen Vertrag vom 13.10.1995 als Erbe ausscheidet. Die Wirkung des Zuwendungsverzichts erstreckt sich jedoch nicht – wie das Nachlassgericht mit Recht ausgeführt hat – auf die Beteiligten zu 4 und 5.
Zwar erstreckt sich in Erbfällen nach dem 1.1.2010 die Wirkung eines Zuwendungsverzichts grundsätzlich auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden, §§ 2352 S. 3, 2349 BGB, und zwar auch dann, wenn der Zuwendungsverzicht vor dem 1.1.2010 vereinbart worden ist (vgl. Staudinger/Schotten, BGB, Neubearbeitung 2016, § 2352 Rn 45). Dies gilt allerdings nur, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, § 2349 2. HS BGB. Fehlt im Vertrag über den Zuwendungsverzicht jeglicher Hinweis darauf, dass sich die Wirkung des Verzichts nicht auf die Abkömmlinge erstrecken soll, bleibt regelmäßig für eine anderweitige Auslegung kein Raum (ders., aaO, Rn 46).
Etwas anderes muss allerdings für die Fälle gelten, in denen sich – wie hier – aus dem Inhalt der Urkunde ergibt, dass die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss – z. B. aufgrund einer entsprechenden notariellen Belehrung, die in der Urkunde ihren Niederschlag gefunden hat – davon ausgegangen sind, dass sich der Zuwendungsverzicht nicht auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstrecke. In solchen Fällen wird eine auf den Inhalt der Urkunde gestützte Auslegung des Willens der Beteiligten in der Regel dazu führen, dass die Vertragsparteien diese Rechtsfolge – möglicherweise auch notgedrungen – in ihren Willen aufgenommen haben – anderenfalls hätten sie den Zuwendungsverzicht nicht vereinbaren dürfen – und dadurch die Erstreckung der Wirkung des Zuwendungsverzichts auf die Abkömmlinge des Verzichtenden ausgeschlossen wurde (ders., aaO, mwN; Litzenburger in Beck’scher online-Kommentar BGB, Stand 1.5.2016, § 2352, Rn 22 mN; OLG Schleswig NJW-RR 2014, 1356; Keim, Anm. zu OLG Schleswig, ZEV 2014, 428 ff).
Selbst wenn man den hypothetischen Willen der Beteiligten für maßgebend hält und trotz entsprechender Belehrung in der Urkunde im Wege ergänzender Vertragsauslegung immer prüfen will, was die Beteiligten vereinbart hätten, wenn die Erstreckung des Verzichts auf die Abkömmlinge möglich gewesen wäre (so Litzenburger, FD-EbR 2014, 359919), ergibt sich hier nichts anderes. Denn ein solcher (Erstreckungs-)Wille lässt sich hier ebenso wenig feststellen wie der Wille, dass die Beteiligten zu 4 und 5 trotz des unmissverständlichen Hinweises des Notars, der Zuwendungsverzicht gelte für sie gerade nicht, dennoch von der Erbfolge ebenso ausgeschlossen sein sollten, wie ihr Vater aufgrund seines Verzichts. Dies gilt auch und gerade unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beteiligte sich selbst in dem notariellen Schenkungsvertrag für vollständig abgefunden erklärt hat. Dies mag er vielleicht subjektiv so erklärt haben, nach Aktenlage spricht allerdings objektiv nichts dafür. Im Übrigen folgt – trotz dieser subjektiven Erklärung über eine vollständige Abfindung – aus dem notariellen Hinweis eindeutig, dass der Verzicht sich auf die Beteiligten zu 4 und 5 eben nicht erstrecken sollte.
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ZErb 1/2017, S. 030 - 032