Leitsatz
Bei der durch das Grundbuchamt zu klärenden Frage, ob der Testamentsvollstrecker eine (Teil-)Unentgeltlichkeit einer im Wege eines Insichgeschäftes vorgenommenen Grundstücksverfügung kannte oder kennen musste, ist ein durch den Testamentsvollstrecker vorgelegtes Wertgutachten, nach dem der Verkaufspreis festgelegt wurde, zu berücksichtigen.
OLG München, Beschluss vom 16. November 2017 – 34 Wx 266/17
Sachverhalt
Als Eigentümer eines Grundstücks war im Grundbuch der Erblasser als Alleinerbe nach seiner vorverstorbenen Ehefrau eingetragen. Die Beteiligten zu 1 bis 4 sind die Kinder des Erblassers.
Mit seiner Ehefrau hatte der Erblasser am 20.6.2011 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, nach dem nach seinem Tod die Kinder zu gleichen Teilen seine Erben sein sollten. Zudem hatten beide Ehegatten die Beteiligte zu 1 zur Testamentsvollstreckerin bestimmt mit der Aufgabe, den jeweiligen Nachlass abzuwickeln. Hierzu sollte sie alle gesetzlich zulässigen Befugnisse haben und – soweit zulässig – von allen gesetzlichen Beschränkungen, auch denjenigen des § 181 BGB, befreit sein.
Nach dem Ableben des Vaters eröffnete das Nachlassgericht das Testament am 23.11.2015 und erteilte antragsgemäß der Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis und den Beteiligten zu 1 bis 4 einen Erbschein, wonach sie Erben zu je 14 des Vaters geworden sind. Das Grundbuchamt hat am 16.12.2016 die Erbengemeinschaft bestehend aus den Beteiligten zu 1 bis 4 im Grundbuch eingetragen. Zudem enthält die Abteilung II unter lfd. Nr. 6 die Eintragung, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist.
Mit notarieller Urkunde vom 21.12.2016 übertrug die Beteiligte zu 1 das Grundstück auf sich und den Beteiligten zu 2. Als Kaufpreis war der Betrag von 345.000 EUR vereinbart. Diesen Kaufpreis entnahm die Beteiligte zu 1 einem vor Beurkundung erholten Wertgutachten vom 13.12.2016 zum Stichtag 7.12.2016 eines Diplom-Sachverständigen für die Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken. Dieses kommt zu einem Sachwert von 356.000 EUR abzüglich eines Betrags von 26.000 EUR für eingetragene Belastungen, sowie zu einem Ertragswert von 345.000 EUR. Es bewertet den Verkehrswert nach § 194 BauGB mit dem höheren ermittelten Betrag von 345.000 EUR.
Im Schreiben des Notars vom 23.1.2017 an das Grundbuchamt bewilligte dieser in Vollmacht die Eintragung des Eigentumsübergangs gemäß der Auflassung vom 21.12.2016 und beantragte die Eintragung der Auflassung und Löschung des Testamentsvollstreckervermerks. Das Grundbuchamt zog darauf die Nachlassakte bei und hörte die Beteiligten zu 2 und 3 an, die einwandten, dass der vereinbarte Kaufpreis dem Grundstückswert nicht entspreche. Mit Schreiben vom 21.5.2017 legten sie ein Wertgutachten einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zum Stichtag 21.12.2016 vor, nach dem der Wert der Immobilie zur Zeit der Beurkundung der Veräußerung bei 375.000 EUR, somit um 30.000 EUR höher liege als im Vertrag vom 21.12.2016 vereinbart. Der Sachwert wird darin beziffert auf 373.000 EUR, der Vergleichswert unter Berücksichtigung einer vergleichbaren Veräußerung aus dem Vorjahr auf 374.000 EUR.
Das Grundbuchamt hat daraufhin mit Beschluss vom 21.6.2017 den Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen. Wegen des von dem Zweitgutachter ausgewiesenen Mehrwerts von 8,7 % bestünden beim Grundbuchamt jedenfalls Zweifel an der vollen Entgeltlichkeit der Verfügung der Testamentsvollstreckerin. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 12.7.2017. Dieser hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen. Der Senat hat die Nachlassakte beigezogen.
Aus den Gründen
Die gegen die Versagung der Eintragung gerichtete Beschwerde ist statthaft (§ 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 S. 1 FamFG). Sie hat in der Sache Erfolg.
1. Gemäß § 20 GBO darf die Auflassung eines Grundstücks im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Rechtsübergang (§ 925 Abs. 1 BGB) und daneben gemäß § 19 GBO die Bewilligung des in seinem Recht Betroffenen erklärt sind. Dabei korrespondiert die Befugnis zur Abgabe der Eintragungsbewilligung mit der materiellen Verfügungsbefugnis. Erklärt ein Testamentsvollstrecker bzw. für diesen in Vollmacht der Notar die Auflassung und Bewilligung, hat daher das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers zu prüfen (Senat vom 10.6.2016, 34 Wx 390/15 = FamRZ 2017, 147, 148; vom 18.11.2013, 34 Wx 189/13 = FamRZ 2014, 1066, 1067; BayObLGZ 1986, 208/210; BayObLG NJW-RR 1989, 587; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 52 Rn 18 und 23).
a) Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis ist regelmäßig die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlich, § 35 Abs. 2 HS 1 GBO (Demharter, § 35 Rn 57, 59, 61 sowie § 52 Rn 18), aber auch ausreichend. Ist ein solches erteilt, wird im Grundbucheintragungsverfahren die Verfügungsbefugnis allein durch das Zeugnis nachgewiesen, da sich mögliche Beschränkungen infolge von Anord...