Leitsatz
Der Entwurf eines nicht beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäfts ist nach § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO zu vergüten, wenn die Aushändigung vom Auftraggeber verlangt wurde.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. September 2011 – 8 W 327-328/11
Sachverhalt
Der Kostengläubiger fertigte im Dezember 2009 für die Kostenschuldnerin Entwürfe einer General- und Vorsorgevollmacht (II UR 25/2010) sowie eines Testaments (II UR 26/2010) und übersandte diese mit Begleitschreiben vom 17. Dezember 2009 der Kostenschuldnerin zur Kenntnisnahme und Durchsicht. Zu einer Beurkundung kam es in der Folgezeit nicht. Daraufhin erstellte der Kostengläubiger am 18. Januar 2010 für den Entwurf der General- und Vorsorgevollmacht sowie des Testaments Kostenrechnungen (Nr. 101760) über 437,27 EUR und (Nr. 101761) über 871,08 EUR, insgesamt 1.308,35 EUR. Erhoben wurde jeweils eine Entwurfsgebühr gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 450.000 EUR. Die Kostenrechnungen wurden von der Kostenschuldnerin Ende Januar 2010 beglichen.
Am 24. März 2010 legte die Kostenschuldnerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten "Kostenbeschwerde" ein und forderte die Erstattung der bezahlten Rechnungsbeträge.
Die dem Landgericht Stuttgart vom Kostengläubiger zur Entscheidung vorgelegte Beanstandung gegen die Kostenrechnungen wurde nach Anhörung des Bezirksrevisors und Durchführung einer Beweisaufnahme mit Beschluss vom 9. Juli 2011 (Az. 19 T 132/10 und 19 T 420/10) dahingehend beschieden, dass lediglich die 0,25-Gebühr nach § 130 Abs. 2 KostO (Rücknahme des Beurkundungsauftrags) von jeweils 138 EUR zuzüglich Portoauslagen und Umsatzsteuer, insgesamt 437,27 EUR, in Ansatz gebracht werden könne. Unter Zurückweisung der Beanstandung im Übrigen wurde der Kostengläubiger angewiesen, den zu viel empfangenen Betrag von 871,08 EUR zurückzuerstatten.
Gegen die am 21. Juli 2011 zugestellte Entscheidung haben der Kostengläubiger auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde am 9. August 2011 und die Kostenschuldnerin am 19. August 2011 Beschwerde eingelegt. Der Kostengläubiger hält die Abrechnung der Entwurfsgebühr für gerechtfertigt. Die Kostenschuldnerin widerspricht ihrer Kostenhaftung insgesamt, weil der den Kostengläubiger beauftragende Zeuge .... ohne eine sie verpflichtende Vollmacht gehandelt habe. Im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Beschluss des Landgerichts und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten.
Aus den Gründen
Die gem. § 156 Abs. 3 KostO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaften Beschwerden sind zulässig (§ 156 Abs. 5 Satz 3 KostO iVm § 58 ff FamFG).
1. Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin ist jedoch unbegründet. Sie beruft sich darauf, dass sie weder einen Auftrag zur Beurkundung oder zur Fertigung von Entwürfen für eine Generalvollmacht oder ein Testament noch dem Zeugen ... eine Vollmacht erteilt habe. Dies sei durch die Beweisaufnahme bestätigt worden.
Das Landgericht hatte am 12. Januar 2011 den Kostengläubiger angehört und den Zeugen ... vernommen sowie am 9. Mai 2011 die Kostenschuldnerin ebenfalls angehört. Auf den Inhalt der Protokolle wird verwiesen.
Die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin nicht zu beanstanden. Sie kann nicht ihre Bewertung bzw. die ihres Verfahrensbevollmächtigten an diejenige des Gerichts setzen.
Denn über das Ergebnis einer Beweisaufnahme (§ 29 FamFG) entscheidet allein das Gericht nach freier Überzeugung (vgl. auch § 37 Abs. 1 FamFG). Dabei erstreckt sich die Beweiswürdigung nicht nur auf eine Bewertung der erhobenen Beweise und der bei der Beweiserhebung verwendeten Beweismittel, sondern auf den gesamten Verfahrensstoff, insbesondere auch auf die Erklärungen und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sowie den von ihnen hinterlassenen persönlichen Eindruck. Für die richterliche Überzeugungsbildung genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt (Sternal in Keidel, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 29 FamFG Rn 27-28 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beweiswürdigung des Landgerichts entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin nicht fehlerhaft. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Dass der Zeuge ... und seine Familie sowohl durch die Generalvollmacht als auch durch das Testament begünstigt werden, lässt keinen Rückschluss auf eine Falschaussage des Zeugen zu, wie die Kostenschuldnerin offensichtlich meint. Dass auf sie Druck ausgeübt werden sollte und überhaupt hätte können durch die Vorlage der notariellen Entwürfe, kann aufgrund ihrer Anhörung vom 9. Mai 2011 gerade nicht angenommen werden.
Die Vorinstanz ist vielmehr zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zeuge ... bei der Beauftragung des Kostengläubigers im Namen und mit Vollmacht der Kostenschuldnerin gehandelt hat, sodass an ihrer Kostenpflicht gemäß § 2 Nr. 1 KostO kein Zweifel besteht.
§ 2064 BGB, wonach der Erblasser ein Testamen...