Österreich ist EU-Mitglied; Liechtenstein ist Vertragsstaat im Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Damit gelten für Österreich und Liechtenstein uneingeschränkt die Europäischen Grundfreiheiten, darunter die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit.
Die Besteuerung einer Stiftungsleistung z. B. einer liechtensteinischen, aber auch einer österreichischen Familienstiftung mit Schenkungsteuer gem. § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbSt wäre, wie nachfolgend gezeigt wird, eine europarechtlich unzulässige, nicht rechtfertigungsfähige Diskriminierung im Zusammenhang mit der europäischen Kapitalverkehrsfreiheit. Etwa entgehenstehendes nationales Steuerrecht in Deutschland ist vorliegend aufgrund des Anwendungsvorrangs europäischen Primärrechts (in Bezug auf Liechtenstein Art. 40 EWR-A) unbeachtlich; es hat vorliegend bei der Besteuerung unberücksichtigt zu bleiben.
Gem. Art. 63 AEUV sind Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Das Fürstentum Liechtenstein ist Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), in welchem gem. Art. 40 iVm Anhang XII EWR-Vertrag die innerhalb der EU geltende europäische Grundfreiheit der Kapitalverkehrsfreiheit in entsprechender Weise gilt. Gem. Art. 40 EWR-Abkommen unterliegt der Kapitalverkehr "in Bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes". Es wird auf die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel in Anhang XII des Vertrages verwiesen, in welchem – wie auch im AEUV – die Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG für anwendbar auch im Rahmen des EWR-Abkommens erklärt wird.
Was als Kapitalverkehr iSd Art. 63 AEUV bzw. Art. 40 EWR-Abkommen gilt, lässt sich nach der Rechtsprechung des EuGH aus Anhang I der nicht abschliessenden Nomenklatur von Kapitalverkehrsgeschäften der Kapitalverkehrsrichtlinie 88/361/EWG erkennen. In dieser Nomenklatur sind sowohl Kapitalverkehr in Form von Einkünften aus Kapitalvermögen als auch Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter in Form von Schenkungen (auch zusammen mit Stiftungen) genannt. Leistungszahlungen von Stiftungen an Begünstigte fallen damit in jedem Falle unter die Nomenklatur der Richtlinie und sind damit Gegenstand des Verbotes von Kapitalverkehrsbeschränkungen zumindest in Bezug auf die Auslandstiftungsstandorte Liechtenstein und Österreich. Aufgrund der erga omnes Wirkung der Kapitalverkehrsfreiheit in Bezug auf Drittländer gilt dies wohl auch im Hinblick auf den Stiftungsstandort des Drittlandes Schweiz.
Der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit ist eröffnet, wenn es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt. Der vorliegende Kapitalverkehr ist unzweifelhaft grenzüberschreitend, da die im Inland ansässigen Begünstigten Leistungszahlungen von der Auslandsstiftung erhalten.
Die nach Vorstellung der Finanzverwaltung umfassenderen Besteuerungsanspüche des ausländischen Sachverhaltes gegenüber einem vergleichbaren Sachverhalt im Inland (hier ist die Sachlage klar, es wird klarerweise keine Schenkungsteuer erhoben) wirken differenzierend für In- und Ausländer, stellten zweifelsohne eine nachteilige Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit der Stiftung und damit eine verbotene Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dar.
Die nach der Vorstellung der Finanzverwaltung angestrebte Ungleichbehandlung der grenzüberschreitenden Erbringung von Stiftungsleistungen seitens einer im Fürstentum Liechtenstein ansässigen Familienstiftung mit Begünstigten in Deutschland betrifft einen vergleichbaren Sachverhalt, wie die Erbringung einer Stiftungsleistung seitens einer Familienstiftung im Inland, und stellt deswegen einen unzulässigen Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit, also eine Diskriminierung, dar.
Die beschriebene Diskriminierung kann auch nicht gerechtfertigt werden, da seitens des EuGH nur einige wenige Gründe als rechtfertigungsfähig anerkannt werden, die allesamt hier nicht vorliegen.
Es sind zunächst keine Gründe des zwingenden Allgemeininteresses ersichtlich. Liechtensteinische und österreichische Familienstiftungen bieten einen den deutschen Vorschriften entsprechenden Regelungsrahmen, es sind ihnen deswegen auch die gleichen steuerlichen Vergünstigungen wie inländischen Familienstiftungen zu gewähren.
Eine Argumentation, es sei – etwa bei schweizerischen oder liechtensteinischen Familienstiftungen – nicht gewährleistet, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen überprüft werden könnten, ist in Bezug auf Liechtenstein seit dem Inkrafttreten des Informationsaustauschabkommens in Steuerfragen (TIEA 2009) nicht mehr aufrechtzuerhalten. Im 2011 abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Bundesrepublik Deutschland, das Ende 2012 in K...