Der Gesetzgeber hat die §§ 2100 ff. BGB zu einem Zeitpunkt geschaffen, in dem es das heutige System der Ertragsteuern (Einkommen- und Gewerbesteuer) noch nicht gab. Eine Nachsynchronisation des Erbrechts mit dem Steuerrecht erfolgte nie. Dadurch kommt es zu ebenso zwangsläufigen wie unsystematischen Diskrepanzen zwischen der steuerlichen und der erbrechtlichen Zuweisung von Steuerbe- und -entlastungen.
Ob und wie die aus solchen Abweichungen sich ergebenden Diskrepanzen zwischen Vor- und Nacherbe auszugleichen sind, ist durch die Rechtsprechung bislang nur für Veräußerungsgewinne i.S.d. §§ 16 und 17 EStG geklärt. Dies ist umso verwunderlicher, als die Steuerlast und ihre Zuordnung zum Vor- oder Nacherben bei einem Grenzsteuersatz von leicht 40 % oder mehr erhebliche finanzielle Volumina erreicht. Die praktische Bedeutung dieser Frage ist erheblich, denn steuersystematisch tritt dieser Effekt nicht nur bei Einzelunternehmen, sondern auch bei Personengesellschaften ein.
Vorstehend wurde beispielhaft aufgezeigt, dass außergewöhnliche Erhaltungskosten und Verwendungen auf nicht zur Einkunftserzielung verwandte denkmalgeschützte Gebäude und andere schutzwürdige Kulturgüter dazu führen können, dass der Vorerbe diese nach §§ 10f und 10g EStG als Sonderausgaben geltend machen kann, obwohl er diese Kosten nach §§ 2124 Abs. 2, 2125 Abs. 1 BGB letztlich nicht tragen muss. Dieses Ergebnis ist gleichwohl nicht zu beanstanden, da einerseits eine erbrechtliche Anspruchsgrundlage fehlt, die den Vorerben verpflichtet, die Steuervorteile dem Nacherben zu erstatten, andererseits sonst der vom Steuergesetzgeber gesetzte Anreiz, in die Erhaltung solcher ertraglosen Kulturgüter zu investieren, vernichtet würde. Zudem steht dem Steuervorteil des Vorerben aus dem Sonderausgabenabzug kein steuerlicher Nachteil des Nacherben gegenüber.
Für Veräußerungsgewinne nach §§ 16 und 17 EStG, also der Veräußerung/Aufgabe eines Betriebs oder einer Beteiligung, hat der BGH entschieden, die Steuerlast auf den Veräußerungsgewinn sei eine auf dem Stammwert liegende Last i.S.d. § 2126 BGB und könne von dem Vorerben aus dem Nachlass bestritten werden, hingegen wenn er sie aus dem Eigenvermögen bestritten hat, von dem Nacherben erstattet verlangt werden. Dieses Ergebnis ist auf Veräußerungsgewinne, die mit keiner Betriebsbeendigung einhergehen, sondern steuerlich laufende Einkünfte darstellen, zu übertragen, soweit die Veräußerungsgewinne nicht als Nutzung zu qualifizieren sind. Eine Qualifikation als Nutzung ist bei der Veräußerung von Umlaufvermögen und insoweit geboten, als der steuerliche Veräußerungsgewinn auf steuerlichen Abschreibungen beruht, die die erbrechtlichen Abschreibungen übersteigen, bei der Bemessung der dem Vorerben zustehenden Nutzungen jedoch aus Vereinfachungsgründen auf die steuerlichen Abschreibungen zurückgegriffen wurde.
Da der historische Gesetzgeber die steuerlichen Effekte von Veräußerungsverlusten nicht vorhersehen konnte und der aktuelle Gesetzgeber nicht korrigierend eingegriffen hat, ist § 2126 BGB umgekehrt analog im Fall von Veräußerungsverlusten anzuwenden: So wie der Vorerbe die Steuerlast auf einen Veräußerungsgewinn dem Nachlass/Nacherben in direkter Anwendung des § 2126 BGB überlasten kann, muss der Vorerbe bei Eintritt eines Veräußerungsverlusts die bei ihm hierdurch eintretende Steuerentlastung dem Nacherben erstatten.
Bei außergewöhnlichen Erhaltungskosten und Verwendungen, die für Erbschaftsgegenstände anfallen, welche zur Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte eingesetzt werden, kommt es wegen der fehlenden Synchronisation von Erb- und Steuerrecht zu Diskrepanzen, je nachdem, welchen Weg der Vorerbe wählt, diese dem Nachlass zu belasten: Bestreitet er solche Aufwendungen direkt aus dem Nachlass, verbleibt ihm der Steuervorteil dauerhaft, obwohl letztlich nicht er, sondern der Nacherbe diese Kosten trägt. Macht der Vorerbe hingegen nachträglich einen Erstattungsanspruch geltend, ist die Erstattung bei ihm als nachträgliche Einkünfte steuerlich zu erfassen, bei dem Nacherben als sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand abzugsfähig. Da es nicht von dem gewählten Zahlungsweg abhängen kann, ob der Steuervorteil dem Vorerben zugeordnet wird, obwohl er die Belastung nicht tragen muss, oder belastungssynchron dem Nacherben, ist § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB teleologisch dahin zu reduzieren, dass der Vorerbe nur die "Netto"-Kosten, also die aufgewandten Kosten nach Abzug seiner ertragsteuerlichen Entlastung aus dem Nachlass, bestreiten darf. Das gleiche Ergebnis tritt ein, reduziert man § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB nicht teleologisch, sondern wendet § 667 BGB analog an: Der Steuervorteil des Vorerben aus von ihm letztlich nicht getragenen Aufwendungen ist analog § 667 BGB vom Vor- an den Nacherben herauszugeben, da der Steuervorteil etwas ist, was nach normativer Wertung dem Nach-, nicht dem Vorerben zusteht.
Die eigennützige Verwendung i.S.d. § 2134 BGB ist einer Veräußerung gleich zu behandeln, steuerliche Folgen mithin in beide Richt...