Im Jahressteuergesetz 2024 beabsichtigte der Gesetzgeber, die Konsequenzen aus der Rechtsprechung des EuGH zur Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit in bestimmten Fällen zu ziehen:
Im Urt. v. 12.10.2023 (C-670/21, DStR 2023, 2334) hatte der EuGH den Ausschluss des § 13d ErbStG (10 %-iger Wertabschlag für zu Wohnzwecken vermietete Immobilien) für das Drittgebiet als europarechtswidrig angesehen. Insbesondere das von der Bundesrepublik vorgetragene Argument, die Regelung diene dem Schutz von knappem Wohnraum im EU-/EWR-Raum, insbesondere natürlich in Deutschland, wurde wegen der undifferenzierten Begünstigung von Ballungsgebieten und ländlichen Regionen (letztere ohne vergleichbaren Druck) nicht anerkannt.
Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wollte der Gesetzgeber Konsequenzen ziehen und § 13d ErbStG entsprechend anpassen. Auch § 28 Abs. 3 ErbStG, die Stundung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer bei vermieteten Wohnimmobilien nur i.S.d. § 13d ErbStG sollte entsprechend geografisch ausgedehnt werden. Hier sollten zugleich durch eine Abkopplung von § 13d ErbStG auch Konstellationen begünstigt werden, in denen nicht eine z.B. vom Erblasser bis zum Tod vermietete Wohnung vom Erwerber für seine Eigennutzung anschließend vorgesehen wurde, sondern gerade umgekehrt die vom Erblasser selbstgenutzte Wohnung zur Vermietung zu Wohnzwecken angemietet wurde. In diesem Fall lehnte die Finanzverwaltung die Stundung ab wegen des angeblich absolut auf den Stichtag bezogenen Verweises auf § 13d ErbStG, obwohl es im Erhebungsverfahren um eine Stundung nach dem Stichtag geht.
Schließlich sollte eine neue Systematik in § 10 Abs. 6 ErbStG bzw. neu auch § 10 Abs. 6a ErbStG für den Schuldenabzug bei Entlastung der Aktiva, z.B. nach § 13a ErbStG, aber auch in anderen eben vom EuGH angemahnten Fällen eingeführt werden. Hier ging es darum, dass § 10 Abs. 6 S. 2 ErbStG bei beschränkter Steuerpflicht den Abzug von Schulden nur bei wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG besteuerten Inlandsvermögen zuließ. Der EuGH hatte auch dies in einer anderen Entscheidung (v. 21.12.2021 – C-394/20, DStR 2022, 45) moniert, in der gleichen Entscheidung § 16 Abs. 2 ErbStG erstmals bestätigt und der Gesetzgeber wollte – mit der europarechtskonformen Überarbeitung der Regelung – zugleich die Systematik insgesamt anpassen.
Die politischen Turbulenzen im November haben die Gesetzgebung zum Jahresende nicht gerade erleichtert. Es ist zumindest angekündigt, dass die ggf. in Einzelfragen mit der Opposition zusammenarbeitende, verkleinerte Bundesregierung – ohne eigene parlamentarische Mehrheit – das Jahressteuergesetz 2024 noch "durchbringt". Für die hier Rechtssicherheit benötigenden Steuerpflichtigen ist dies zu wünschen, denn es ist bekannt, dass mit dem Ende einer Legislaturperiode, also bei den anstehenden Neuwahlen 2025, alle nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren automatisch beendet sind.
ZErberus meint: Politik und Steuerrecht hängen oft enger zusammen als erwartet.
ZErb 12/2024, S. I