Die zulässigen Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 5) haben im Ergebnis Erfolg mit der Folge, dass der Beschluss des Nachlassgerichts vom 23.5.2016 aufzuheben war.
Denn zu Unrecht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Einziehung des Erbscheins vom 30.1.2001 vorliegen. Entgegen seiner Auffassung greift nämlich die von der Beteiligten zu 8) erklärte Anfechtung des Testaments des Erblassers vom 16.4.1979 nicht durch, sodass das vorgenannte Testament für die Erbfolge nach dem Erblasser A. R. maßgebend bleibt. Der Senat ist nämlich nicht überzeugt, dass der bewegende Grund für die Erbeinsetzung des M. R. als Alleinerbe des Erblassers die Erhaltung und Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebs in persona des Bedachten gewesen ist.
1. Gemäß § 2078 Abs. 2 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands bestimmt worden ist. Darunter fällt jeder Motivirrtum, auch der durch arglistige Täuschung herbeigeführte (vgl. Staudinger/Otte, BGB, 2013, § 2078 Rn 12). Es ist gleichgültig, ob sich der Irrtum auf die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft bezieht. Die Anfechtung kann nur auf solche irrigen Vorstellungen und Erwartungen gestützt werden, die der Erblasser bei der Errichtung seines Testaments tatsächlich gehabt hat; dazu gehören auch Vorstellungen und Erwartungen, die er zwar nicht in sein Bewusstsein aufgenommen, aber als selbstverständlich seiner Verfügung zugrunde gelegt hat (BGH NJW 1963, 246–247; BayObLG FamRZ 1984, 1270–1271, FamRZ 2003, 708–709). Der Irrtum kann Personen, Gegenstände, politische und wirtschaftliche Verhältnisse oder Rechtsverhältnisse betreffen. Immer aber muss es sich um einen außerhalb der Verfügung selbst liegenden Umstand handeln (Staudinger/Otte, BGB, aaO Rn 14). Dabei kommt es für die Frage des Irrtums nicht etwa auf eine objektive verständige Würdigung an, sondern auf die subjektiven Vorstellungen des Erblassers mit allen Besonderheiten seiner Persönlichkeit. Die Anfechtbarkeit setzt des Weiteren voraus, dass der Erblasser durch die festgestellten Fehlvorstellungen zu der Verfügung bestimmt worden ist. Dabei ist wiederum auf die subjektive Denk- und Anschauungsweise des Erblassers abzustellen (vgl. Staudinger/Otte, aaO, § 2078 Rn 31) und ein strenger Maßstab anzulegen (BayObLG FamRZ 2003 aaO 710). Im Rahmen des § 2078 Abs. 2 BGB können nur Irrtümer die Anfechtung rechtfertigen, die bewegender Grund für den letzten Willen waren (BGH NJW-RR 1987, 1412 – 1413), d. h. ohne die der Erblasser die Verfügung mit Sicherheit nicht getroffen hätte (BayObLG FamRZ 1997, 1436–1437; OLG München FGPrax 2008, 254–258). Die Feststellungslast für die anfechtungsbegründenden Tatsachen trägt der Anfechtende (BayObLG FamRZ 1997, 772–773).
2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist daher der wirkliche Wille des Erblassers bei Errichtung seines Testaments durch Auslegung gemäß §§ 2084,133 BGB zu ermitteln.
a) Bei der Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Dieser ist jedoch nicht die Grenze der Auslegung. Vielmehr ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB). Es geht um die Klärung der Frage, was der Erblasser mit seinen Worten sagen wollte. Dabei ist zur Auslegung der einzelnen Verfügung der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände heranzuziehen und zu würdigen (vgl. BGH NJW 1993, 256 BayObLGZ 1997, 59–66; 1994, 313, 318). Nach Testamentserrichtung liegende Umstände können insoweit Bedeutung erlangen, als sie Rückschlüsse auf den Willen des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung zulassen (BayObLG NJW 1996, 133–134; NJW-RR 2002, 1087). Der durch die Auslegung ermittelte Erblasserwille muss in der formwirksamen Erklärung wenigstens ansatzweise oder auch versteckt angedeutet sein (OLG Hamm ZEV 2011, 427).
b) Das Nachlassgericht hat das Testament des Erblassers dahingehend ausgelegt, dass es dessen Willen gewesen sei, dass ein konkreter Erbe – nämlich der Bruder des Erblassers M. R. – den landwirtschaftlichen Betrieb erhalten und fortführen müsse. Diese Erwartung des Erblassers, die er bei Errichtung seines Testaments im Jahre 1979 zum Ausdruck gebracht habe, habe sich nicht erfüllt. Seit 1993 sei nur noch der Wald bewirtschaftet worden, wohingegen die landwirtschaftlichen Flächen überwiegend an andere Landwirte verpachtet worden seien. Da die Erhaltung und Weiterführung des Betriebes in persona des Alleinerben M. R. nach Auffassung des Nachlassgerichts der bewegende Grund für die Errichtung des Testaments des Erblassers gewesen sei, hätte er bei Kenntnis der tatsächlichen zukünftigen Entwicklung anders testiert, sodass nach Auffassung des Nachlassgerichts ein Anfechtungsgrund gemäß § 2078 Abs.2 BGB vorliege, der zur Unwirksamkeit des 1979 errichteten Testaments des Erblassers und da...