Selbst wenn nach liechtensteinischem Recht ein Durchgriff nicht in Betracht kommt, so stellt sich weiterhin die Frage, ob das deutsche Recht das nach liechtensteinischem Recht gefundene Ergebnis akzeptieren muss. Gemäß Art. 6 S. 1 EGBGB ist eine Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (ordre public-Vorbehalt). Der Widerspruch zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen muss in jedem Fall eklatant sein. Nach dem BGH ist die Gründung einer juristischen Person liechtensteinischen Rechts mit der Absicht Steuern zu hinterziehen allerdings kein Grund, um nach Art 6 S. 1 EGBGB von der Maßgeblichkeit liechtensteinischen Rechts abzusehen. Etwas anderes gilt, wenn die Steuerhinterziehung der Hauptzweck des Rechtsgeschäfts ist.
Dass der Hauptzweck der Errichtung einer liechtensteinischen Stiftung die Hinterziehung von Steuern sei, wurde in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall maßgeblich daraus abgeleitet, dass eine Zuwendung der auf die Stiftung übertragenen Vermögenswerte an die vom Stifter ausersehenen Begünstigten andererseits nach deutschem Erbrecht ohne Weiteres hätte gestaltet werden können. Daraus zog das Gericht den Schluss, dass der vom Stifter gewählte "Umweg über Vaduz" allein deshalb gewählt wurde, weil das Erbe aus "offiziellem" und einem "inoffiziellen – vor den deutschen Finanzbehörden verschleierten – Vermögen bestand, dessen Trennung aus naheliegenden Gründen auch nach dem Tod des Erblassers aufrechterhalten werden sollte, um durch die besondere Diskretion des liechtensteinischen Stiftungsrechts das Bekanntwerden der Existenz dieses Vermögens bei den deutschen Steuerbehören zu verhindern. Daher sei die Steuerhinterziehung nicht nur Nebenzweck. Dieses Urteil ist in der Literatur kritisiert worden. "
Das OLG Düsseldorf ignoriert damit zunächst, dass der Einsatz liechtensteinischer Stiftungen zum Zweck der grenzüberschreitenden Vermögensnachfolgeplanung grundsätzlich zulässig ist, und insbesondere im Bereich der Asset Protection und im Bereich des Pflichtteilsrechts Konstruktionen ermöglicht, die unter Geltung deutschen Rechts nicht realisierbar wären. Die Stiftung diente im Übrigen nicht bereits deshalb der Steuerhinterziehung, weil das eingebrachte Vermögen vor der Steuer verschleiert worden war. Die Steuerhinterziehung ging vielmehr der Einbringung des entsprechenden Vermögens in die Stiftung voraus. Die Einbringung des Vermögens in die Stiftung änderte an der steuerrechtlichen Bewertung grundsätzlich nichts. Die hinterzogenen Vermögenswerte waren somit Mittel zum Zweck der Stiftungserrichtung und nicht deren Zweck. Die Perpetuierung der Steuerhinterziehung war somit lediglich Reflex der Stiftungsgestaltung.