Leitsatz
Die Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung sämtlicher in Betracht kommender Umstände des Einzelfalls zu treffen, § 81 Abs. 1 FamFG. Neben anderen Umständen kann hierbei auch die Quote des Obsiegens und Unterliegens berücksichtigt werden.
BGH, Beschluss vom 18. November 2015 – IV ZB 35/15
Sachverhalt
I. Die Parteien stritten um die Erbfolge nach der am 4.3.2014 verstorbenen Erblasserin. Die Beteiligte zu 1 ist deren Tochter, die übrigen Beteiligten sind die Kinder des am 20.2.2008 vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin. Mit notariellem Testament vom 3.11.2010 setzte die Erblasserin die Beteiligten zu 2 bis 5 zu ihren Universalerben ein. Die Beteiligte zu 1 hielt dieses Testament wegen Verstoßes gegen die Höfeordnung für unwirksam und beantragte einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge, der sie als Miterbin zu 1/2 sowie die übrigen Beteiligten als Miterben zu je 1/8 ausweisen sollte. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat ihre Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass bezüglich des erstinstanzlichen Verfahrens die Beteiligten zu 1 und 2 die Gerichtskosten zu je 1/2 tragen und eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht angeordnet wird. Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 zu der Frage, mit welchem Gewicht das Obsiegen und Unterliegen im Erbscheinsverfahren im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 81 Abs. 1 FamFG zu berücksichtigen ist. Er beantragt, den Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben, soweit dort zu seinem Nachteil über die Kosten der ersten Instanz entschieden wurde und auch diese Kosten der Beteiligten zu 1 insgesamt aufzuerlegen.
Aus den Gründen
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in ErbR 2015, 445 (= ZEV 2015, 635 m. Anm. Kroiß) veröffentlicht ist, hat soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Belang ausgeführt, der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 1 FamFG bewusst dagegen entschieden, ausschließlich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zum Maßstab der Kostenverteilung zu machen. Nur das Hinzutreten weiterer Umstände, wie etwa eine offenkundig erkennbare Aussichtslosigkeit des Antrags, könne eine Kostenentscheidung zum Nachteil des unterliegenden Antragstellers rechtfertigen. Erbscheinverfahren könnten nicht mit beliebigen vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeiten verglichen werden. Es gehe in rechtlicher Hinsicht nicht um die Durchsetzung eines Individualanspruchs, sondern um die Ermittlung der korrekten gesetzlichen Erbfolge oder des testamentarisch niedergelegten Erblasserwillens. Für das Verfahren gelte der Grundsatz der Amtsermittlung. Im Erbscheinverfahren erscheine es nicht ganz passend, Erfolg oder Misserfolg eines Antrags einem Obsiegen und Unterliegen im Zivilrechtsstreit gleichzustellen und zum vorrangigen Maßstab der Kostenentscheidung zu machen. Richtiger erscheine es vielmehr, danach zu fragen, inwieweit die Beteiligten in vertretbarer Weise dazu beigetragen hätten, die objektiv richtige Erbfolge zu ermitteln. Hieraus folge, dass die Gerichtskosten unter den am Verfahren Beteiligten aufzuteilen seien und von der Anordnung der Kostenerstattung abzusehen sei, sofern nicht Gründe dafür sprächen, einen Beteiligten einseitig zu belasten. Derartige besondere Umstände lägen hier nicht vor. Der Beteiligten zu 1 sei weder grobes Verschulden im Sinne von § 81 Abs. 2 FamFG noch ein vergleichbar vorwerfbares Verhalten anzulasten. Ihre Annahme, das Testament sei wegen Verstoßes gegen die Höfeordnung nichtig, sei zwar nicht haltbar. Andererseits führe das Nebeneinander von Höfeordnung und bürgerlichem Erbrecht vielfach zu Auslegungsschwierigkeiten und Missverständnissen. Insofern halte sich die Auffassung der Beteiligten zu 1 noch in einem vertretbaren Rahmen. Sonstige Umstände, die eine einseitige Kostenentscheidung zu ihren Lasten rechtfertigten, bestünden nicht.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
a) Gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, zu denen gemäß § 80 FamFG die Gerichtskosten und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten gehören, nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG). In § 81 Abs. 2 FamFG hat der Gesetzgeber verschiedene Tatbestände geregelt, die vorsehen, dass das Gericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen soll. Dies ist etwa der Fall, wenn der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Ferner soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteili...