Dem Beschluss lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Erbe bzw. Erbeserbe seiner beiden Eltern war zur Vorlage zweier privatschriftlicher Nachlassverzeichnisse verpflichtet. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einem Mehrfamilienhaus. Nach Erlass eines Teil-Urteils hat der Erbe zwei Nachlassverzeichnisse vorgelegt, zu deren Erstellung die Auskunftsberechtigte nicht hinzugezogen worden war, obwohl sie dies von Anfang an verlangt hatte. Hierauf hat die Auskunftsberechtigte die Vollstreckung aus dem Teil-Urteil eingeleitet. In der Folge hat der Erbe in Anwesenheit der Auskunftsberechtigten zwei Verzeichnisse aufgenommen; allerdings lagen bei diesem Termin nicht die vollständigen Kontoauszüge der letzten zehn Lebensjahre der beiden Erblasser vor. Das Landgericht Hechingen hat deshalb die Auskunftsansprüche der Berechtigten als nicht erfüllt angesehen und dem Erben ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft angedroht. Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Erben hat das Landgericht nicht abgeholfen; das OLG Stuttgart hat die sofortige Beschwerde des Erben zurückgewiesen.
Das OLG Stuttgart spricht in seiner Entscheidung mehrere im Pflichtteilsrecht praxisrelevante Punkte an.
Zunächst hält es fest, dass der Erbe verpflichtet ist, von seinem Auskunftsrecht gegenüber Banken und Sparkassen Gebrauch zu machen, wenn der Verdacht besteht, dass ein Erblasser in seinen letzten zehn Lebensjahren Zuwendungen von seinem Bankkonto oder Depot schenkungsweise an Dritte erbracht hat. Dabei erteilt es dem Erben, der das Kriterium "Verdacht" schon aufgrund geringer monatlicher Einkünfte der Erblasser als nicht gegeben angesehen hat, eine klare Absage; selbst monatliche Einkünfte von nur 1.720,00 EUR lassen Schenkungen der Erblasser nicht von vorneherein ausgeschlossen erscheinen.
Ferner betont das OLG Stuttgart, dass im Rahmen der Ermittlungen, die der Erbe zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses anzustellen hat, "insbesondere" auch die Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum gehört. Gleiches gilt für die Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen oder auch nur zugrunde liegen könnten. Das OLG Stuttgart greift die grundlegende Entscheidung des OLG Koblenz vom 18.3.2014 – 2 W 495/13, NJW 2014, 1972, 1973, ausdrücklich auf, die im Zusammenhang mit den Ermittlungspflichten der Notare ergangen ist. Notarielle Nachlassverzeichnisse bieten eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft und genügen den Anforderungen des § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB deshalb nur, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig – wenn auch zunächst ausgehend von Angaben des Auskunftspflichtigen – ermittelt hat und bestätigt, für den Inhalt verantwortlich zu sein (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 26.4.2010 – Az. 5 W 81/10, juris-Tz 13, und vom 28.1.2011 – Az. 5 W 312/10, juris-Tz 12). Angesichts dieser höchsten Erwartungen an Notarverzeichnisse steht außer Frage, dass das OLG Stuttgart über den hiesigen Beschluss hinaus nicht nur den Auskunftsschuldner selbst, sondern erst recht den mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragten Notar in der Pflicht sieht, sämtliche Konto- und Depotauszüge bzw. sonstige Bankunterlagen des Erblassers zu überprüfen.
Schließlich erteilt das OLG Stuttgart auch dem Vorbringen des Erben, die Einholung nicht mehr vorhandener Kontoauszüge der letzten zehn Jahre sei zu teuer, eine Absage. Kosten in Höhe von 1.500,00 EUR sind für den zu untersuchenden Zehn-Jahres-Zeitraum nicht unverhältnismäßig. Dabei nimmt das Gericht – angesichts des im Nachlass befindlichen Mehrfamilienhauses völlig zu Recht – keine Rücksicht darauf, dass die beiden Erblasser so gut wie keine Geldmittel hinterlassen haben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Beschluss des OLG Stuttgart das Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben weiter stärkt. Soweit allerdings die Prüfungspflicht des Erben bzw. Notars auf einen Zehn-Jahres-Zeitraum begrenzt wird, bleibt bislang unberücksichtigt, dass insbesondere Schenkungen und ehebezogene Zuwendungen an den Ehepartner (§ 2325 Abs. 3 S. 3 BGB) auch nach Jahrzehnten noch pflichtteilsergänzungserheblich sein können. Dies ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass sich Konto- und Depotunterlagen nicht beliebig lange reproduzieren lassen.
In der Praxis empfiehlt es sich, schon bei Geltendmachung des Anspruchs auf Vorlage des privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses folgende Forderungen und Hinweise aufzunehmen:
"Wir verlangen, dass unser Mandant und der Unterzeichner zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses und zu allen vorgeschalteten Handlungen (z. B. Durchsicht von Kontoauszügen, Inventarisierung des Nachlasses etc.) zugezogen werden und uns mehrere Terminvorschläge rechtzeitig, ...