Leitsatz
Eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio) ändert nach § 133 BGB nichts daran, dass nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt. Dieser Grundsatz ist auf formgebundene Rechtsgeschäfte ebenfalls anzuwenden.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. März 2012 – 8 W 85/12
Sachverhalt
Die Beteiligten Z. 1, 3 und 4 sind Geschwister und die Erben ihrer am 21. März 2011 verstorbenen Mutter, in deren notariellem Testament vom 13. Januar 2011 Vorausvermächtnisse für ihre drei Kinder angeordnet sind. Diese haben entsprechend der letztwilligen Verfügung der Erblasserin am 21. Juli 2011 einen notariellen Vermächtniserfüllungsvertrag abgeschlossen, der sich zwar zugunsten der Antragstellerin auf die Eigentumswohnung, Grundbuch von ... Bl bezieht, versehentlich aber nicht auf den dazugehörigen Tiefgaragen-Stellplatz, Grundbuch von ... Bl. Insoweit ist die Erblasserin als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen, während im Übrigen die Eigentumsumschreibungen zugunsten der jeweiligen Vorausvermächtnisempfänger vollzogen sind. Die drei Erben haben mit Schreiben vom 19. November 2011 den Beteiligten Z. 2 auf das Versäumnis hingewiesen und ihn um Erstellung eines Nachtrags gebeten.
Aufgrund der in § 7 des Vermächtniserfüllungsvertrags enthaltenen Vollzugsvollmacht hat die Notarangestellte namens und in Vollmacht der Miterben am 7. Dezember 2011 in einem notariellen Nachtrag zum Vermächtniserfüllungsvertrag die erforderlichen Erklärungen zur Eigentumsübertragung bezüglich des Tiefgaragen-Stellplatzes, Grundbuch von ... Bl, abgegeben. Die Erben haben eine Abschrift der Urkunde erhalten und das Grundbuchamt eine Ausfertigung zum Vollzug. Mit Zwischenverfügung vom 24. Februar 2012 hat dieses unter Fristsetzung bis zum 1. Mai 2012 der Antragstellerin aufgegeben, eine öffentlich beglaubigte Genehmigungserklärung der Miterben und der Vermächtnisnehmerin zu der Nachtragsurkunde vom 7. Dezember 2011 vorzulegen, um das Handeln der Notarangestellten nachträglich zu genehmigen. Hiergegen hat die Antragstellerin durch den bevollmächtigten Notar am 7. März 2012 beim Oberlandesgericht Stuttgart Beschwerde eingelegt. Zur Sachverhaltsdarstellung im Einzelnen sowie zu den Rechtsausführungen des Grundbuchamts und des Beteiligten Z. 2 wird auf die Begründungen der Zwischenverfügung und der Beschwerde verwiesen.
Aus den Gründen
1. Das Rechtsmittel ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Der Notar, dessen Antragsermächtigung gemäß § 15 Abs. 2 GBO gegeben ist, kann – ohne eine Vollmacht vorlegen zu müssen – gegen die auf den Eintragungsantrag ergangene Entscheidung für einen Antragsberechtigten, hier für die Beteiligte Z. 1, – nicht aber im eigenen Namen –, Beschwerde einlegen. Das Rechtsmittel wurde gemäß § 73 Abs. 1 GBO unmittelbar beim Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat (§ 72 GBO), durch Einreichung einer Beschwerdeschrift (§ 73 Abs. 2 GBO) eingelegt und ist damit auch im Übrigen zulässig. (...)
2. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Denn das vom Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) angenommene Vollzugshindernis besteht nicht. Durch das Schreiben der drei Miterben vom 19. November 2011 an den beurkundenden Notar haben diese unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass in dem notariellen Vermächtniserfüllungsvertrag vom 21. Juli 2011 die Übertragung des Alleineigentums des zu der Eigentumswohnung, Grundbuch von ... Blatt, gehörenden Tiefgaragen-Stellplatzes, Grundbuch von ... Bl, vergessen wurde. Weil insoweit ebenfalls eine Beurkundung gewollt war, werde um die Erstellung eines Nachtrages gebeten. Der Vermächtniserfüllungsvertrag ist damit entgegen dem erklärten Willen der Vertragsparteien unvollständig. Es wurde ein Teil des zu der Eigentumswohnung gehörenden Sondereigentums irrtümlich nicht mit einbezogen. Es handelt sich hierbei um eine versehentliche Falschbezeichnung (falsa demonstratio), die nach § 133 BGB nichts daran ändert, dass – wie auch sonst – nicht das fehlerhaft Erklärte, sondern das wirklich Gewollte gilt. Dieser Grundsatz ist auf formgebundene Rechtsgeschäfte ebenfalls anzuwenden. Der BGH (NJW 2008, 1658, mwN) hat entschieden, dass dies nicht nur für den Fall gilt, wenn im Vertragstext als Kaufgegenstand das gesamte Grundstück genannt wird, obwohl die Parteien nur eine bestimmte Teilfläche verkaufen wollten, sondern auch für den umgekehrten Fall, dass die Parteien eine Fläche verkaufen wollen, die über das dem Verkäufer bereits gehörende Grundstück hinausgeht. Dabei kommt es auf die Frage, ob der Wille der Parteien in der Vertragsurkunde einen ausreichenden Niederschlag gefunden hat, nicht an. Richtig ist zwar, dass das von den Parteien Vereinbarte bei einem – wie hier – formbedürftigen Rechtsgeschäft wenigstens einen andeutungsweisen Niederschlag in der Urkunde gefunden haben muss. Dieses Erfordernis gilt aber bei einer versehentlichen Falschbezeichnung nicht. Hier reicht es aus, wenn das – von den Parteien in anderem Sinne verstandene – objek...