Das Urteil des Landgerichts Amberg vom 17.12.2015, das mangels Berufungseinlegung rechtskräftig ist, beschäftigt sich mit dem in der Literatur diskutierten Problem, ob und wieweit bei einem wertlosen Nachlass gegenüber dem Verlangen des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB die Dürftigkeitseinrede erhoben werden kann. Das LG Amberg formuliert hierzu ein klares Ergebnis.
Zur Ausgangslage: Der Pflichtteilsberechtigte kann mangels Kenntnis schwer den Anspruch eines Pflichtteils oder gar eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs nachweisen. Der Gesetzgeber gewährt ihm daher auf Verlangen einen umfassenden Auskunftsanspruch gegen den Erben durch Vorlage eines präzisen Nachlassverzeichnisses. Weiter kann er verlangen, dass dieses Verzeichnis durch einen Notar aufgenommen wird (§ 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, § 20 Abs. 2 BNotO). Die hierfür entstehenden Kosten fallen dem Nachlass zur Last (§ 2314 Abs. 2 BGB). Wenn nun feststeht, dass der Nachlass wertlos ist, also keine Mittel mehr im Nachlass vorhanden sind, die Kosten dieses notariellen Nachlassverzeichnisses zu tragen, mit anderen Worten der Nachlass notleidend ist, kann der Erbe die Vorlage eines solchen Verzeichnisses verweigern. In der bisherigen Rechtsprechung war das noch nicht klar entschieden. Der BGH hat lediglich ausgesprochen (BGHZ 107, 200 ff), dass ein Erbe bei wertlosem Nachlass die Einholung eines Gutachtens zur Wertermittlung auf eigene Kosten auch im Fall eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs verweigern kann (§ 1990 Abs. 1 S. 1 BGB).
Nun hat das OLG Schleswig in einem Beschluss zum Prozesskostenhilfeverfahren in der Berufungsinstanz (der Erbe eines notleidenden Nachlasses hat meist kaum Geld, Prozesse weiterzuführen) sich mit der Frage beschäftigt, ob die Dürftigkeitseinrede nach § 1990 BGB auch gegenüber dem Anspruch auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses nach § 2314 Abs. 1 BGB durchgreift. Es hat entschieden (Beschl. v. 30.7.2010 – 3 W 48/10 – ZErb 2010, 301 = FamRZ 2011, 148 = ZEV 2011, 31): "Im Hinblick auf die Kostenfrage spricht Überwiegendes dafür, dass für den Anspruch auf Einholung eines notariellen Nachlassverzeichnisses – sofern ein solcher nicht im Einzelfall ohnehin bereits sachwierig sein könnte, dazu Dieckmann, NJW 1988, 1809, S. 1813 linke Spalte unten – grundsätzlich gleiches gelten muss, wie für den Wertermittlungsanspruch."
Das OLG München befasste sich ebenfalls in einem Prozesskostenhilfeverfahren (Aktenzeichen 20 U 2127/13) mit dieser Frage und formuliert: Der Senat neige der Auffassung zu, dass in einem solchen Fall die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses schon deshalb nicht verlangt werden könne, weil die Kosten hierfür nicht aus dem wertlosen Nachlass bestritten werden könnten (und zitiert das vorgenannte OLG Schleswig). Es gewährt Prozesskostenhilfe. Leider hat das OLG München keine weitere Entscheidung getroffen, weil – wie aus der sehr ausführlichen Entscheidungsanmerkung hierzu von Martin Stenzel (ZJS 2014, 110 ff) zu entnehmen ist – der Senat in der auf die Berufung folgenden mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, er halte an dieser Rechtsauffassung fest und rate zur Klagerücknahme. Daraufhin wurde dort Klage zurückgenommen. In der Entscheidungsanmerkung beschäftigt sich Stenzel ausführlich mit den gegenüberstehenden Interessen der Beteiligten und kommt zu dem Ergebnis, "dass die Dürftigkeitseinrede nur dazu führen kann, dass der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis nicht auf eigene Kosten einholen muss. Die Kosten hierfür wären von dem Pflichtteilsberechtigten zu tragen, der Erbe bleibt weiter verpflichtet, bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses mitzuwirken" (ZJS, aaO, S. 115).
Dies hat den Pflichtteilsberechtigten im vorliegenden Verfahren dazu bewogen, einen Hilfsantrag zu stellen, die Erbin sei zu verurteilen, "auf Kosten des Klägers Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses (...) durch Vorlage eines von einem Notar – im Beisein des Klägers – aufgenommenen systematischen Verzeichnisses". Auch diesen Anspruch – und das ist erstmals richterlich entschieden – verneinte das LG Amberg: Dieser Antrag ist nicht geeignet, die Einrede nach § 1990 Abs. 1 BGB auszuschließen. "Er zielt nach wie vor darauf ab, die Beklagte zu verurteilen, Auskunft durch ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen. Gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG würde die Beklagte damit auch in dieser Konstellation Kostenschuldnerin werden." Gerade hierzu ist sie nach § 2314 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet. Auch wenn man den Antragswortlaut "auf Kosten des Klägers" dahingehend auslegt, dass sich der Kläger verpflichtet, die Kostenschuld gegenüber dem Notar zu übernehmen, würde es allenfalls zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien gemäß § 32 Abs. 1 GNotKG führen. Die Erbin bleibt Kostenschuldnerin mit vollem Risiko. Zum anderen könnte die Formulierung auch so ausgelegt werden, dass lediglich ein Regressanspruch der Erbin gegen den Pflichtteilsb...