Einführung
Die deutsche Rechtsordnung hat sich vermehrt mit der Qualifikation und Adaption ausländischer Ehen und Scheidungen auseinanderzusetzen. Diese Entwicklung begann hauptsächlich mit dem durch die Implosion der osteuropäischen politischen Systeme bedingten Zustrom ausländischer Migranten und setzte sich mit der Erweiterung der EU zunehmend fort. Große Schwierigkeiten gab es indes nicht, da die kulturellen Ehevorstellungen und die Heimatrechte dieser Migrantengruppe keine relevanten Abweichungen von den in Deutschland herrschenden Anschauungen boten. Anderes ist jedoch zu konstatieren, wenn es um Migranten aus anderen Kulturkreisen geht. Nicht zuletzt durch die Flüchtlingswelle der vergangenen Jahre rückten gesellschaftliche und rechtliche Schwierigkeiten vermehrt in den Fokus der (juristischen) Öffentlichkeit. Dieser Beitrag befasst sich – um den falschen Begriff der "Anerkennung" zu vermeiden – mit dem Umgang der deutschen Rechtsordnung mit ausländischen, vor allem Minderjährigen-Ehen. Die verfahrensrechtlichen Besonderheiten des im Fall ausländischer Scheidungen hingegen notwendigen Anerkennungsverfahrens werden ebenfalls kurz skizziert, bevor abschließend Stellung zum bevorstehenden Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen genommen wird.
I. Eheschließungen
Eine im Ausland geschlossene Ehe muss in Deutschland nicht registriert oder gar förmlich anerkannt werden. Die Ehegatten müssen deshalb ihre Ehe im Grundsatz nicht publik machen. Der Nachweis der Ehe wird für die Ehegatten jedoch dann von Bedeutung sein, wenn sie in den Genuss der daran anknüpfenden vorteilhaften Rechtsfolgen gelangen wollen: z. B. eine günstigere Steuerklassenkombination, das Ehegattensplitting, das Erbrecht des überlebenden Ehegatten und künftig u. U. das gesetzliche Vertretungsrecht. Hierfür ist es regelmäßig ausreichend, wenn den deutschen Behörden die ausländische Heiratsurkunde samt deutscher Übersetzung (am besten eines vereidigten Übersetzers) vorgelegt wird. Für Heiratsorte außerhalb der EU sollte auch an eine ggf. erforderliche Legalisation oder Apostille gedacht werden, da die Echtheit der Heiratsurkunde ansonsten angezweifelt werden würde.
Die unkomplizierte Handhabung der deutschen Behörden in den allermeisten Fällen sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine im Ausland geschlossene Ehe in Deutschland nicht per se rechtswirksam ist. Die Rechtswirksamkeit der ausländischen Ehen wird von den zuständigen Behörden – z. B. Finanzamt, Nachlassgericht – lediglich nicht geprüft. Man begnügt sich grundsätzlich damit, die ausländische Heiratsurkunde für die Annahme einer gültigen Auslandsehe als ausreichend anzusehen.
Rechtsdogmatisch wäre indes zwischen der formellen und der materiellen Wirksamkeit einer im Ausland geschlossenen Ehe zu unterscheiden. Den Einstieg zur Prüfung der Wirksamkeit von im Ausland geschlossenen Ehen bilden Art. 11 und 13 EGBGB. Der erstgenannte Artikel legt in seinem ersten Absatz fest, dass die formellen Voraussetzungen einer Eheschließung sich entweder nach dem Heimatrecht der Verlobten (Art. 11 Abs. 1 Var. 1 iVm Art. 13 Abs. 1 EGBGB) oder nach dem Ort der Eheschließung (Art. 11 Abs. 1 Var. 2 EGBGB) richten, im Ergebnis also nach dem jeweils günstigeren Recht, welches die Eheschließung in formeller Hinsicht rechtswirksam werden lässt. Für die deutsche Rechtsordnung bedeutet Art. 11 Abs. 1 EGBGB die Hinnahme von Auslandsformen. Materiell richtet sich die Wirksamkeit der Eheschließung hingegen gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB stets nach dem jeweiligen Heimatrecht der Verlobten, welches auch das jeweilige internationale Privatrecht miteinschließt (Art. 4 Abs. 1 EGBGB). Mögliche Weiter- oder Rückverweisungen sind folglich ebenfalls zu beachten. Im Gegensatz zu Art. 11 EGBGB, welcher zum jeweils günstigeren Recht führt, hat Art. 13 Abs. 1 EGBGB die Rechtsfolge, dass das ärgere Recht zur Anwendung kommt. Folglich liegt eine wirksame Ehe nur dann vor, wenn beide Heimatrechte der Nupturienten von einer wirksamen Ehe ausgehen.
Sobald eine ausländische Heiratsurkunde mit dem ggf. erforderlichen Echtheitsnachweis vorgelegt wird, können sich die deutschen Behörden zumindest ...