Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache bis auf einen ganz geringen Teil der Zinsforderung Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 40.000,– EUR. Dabei kann offen bleiben, ob sich der Anspruch nicht auch aus § 2287 Abs. 1 BGB ergibt. Ein Anspruch besteht jedenfalls, wie der Senat eingehend mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert hat, gem. §§ 2174, 2186, 2147 S. 1, 2279 Abs. 1, 1939 BGB.

Aufgrund des Erbvertrags vom 23.10.1980 steht der Klägerin ein noch zu erfüllender (Unter-)Vermächtnisanspruch zu, mit dem die Beklagte gem. § 2147 BGB beschwert ist.

1. Soweit den Töchtern U. und R., also der Klägerin und der Beklagten, das Recht zur Alleinübernahme des Hausgrundstücks S…str. 6 in Köln unter bestimmten Voraussetzungen zustehen soll, handelt es sich um ein Vorausvermächtnis und nicht (nur) um eine Teilungsanordnung gem. § 2048 BGB. Eine Teilungsanordnung liegt in der Regel vor, wenn der Erblasser einem Erben einen bestimmten Gegenstand zuwenden will, ohne die gesetzlichen oder durch Verfügung von Todes wegen bestimmten Erbteile und deren Wert zu verschieben; folglich hat eine Anrechnung auf den jeweiligen Erbteil zu erfolgen (Palandt/Weidlich, BGB, 72. Auflage 2013, § 2048 Rn 1). Von einem Vorausvermächtnis ist dagegen in der Regel auszugehen, wenn der Erbe zusätzlich zu seinem Erbteil einen Vermögensvorteil erhalten soll; in diesem Fall erfolgt keine Anrechnung (BGH NJW 1995, 721; Palandt/Weidlich, aaO, § 2150 Rn 1). Dafür, dass hier ein zusätzlicher Vermögensvorteil zugewandt werden sollte, spricht, dass eine Anrechnung auf den Erbteil ausdrücklich nicht angeordnet ist, stattdessen Ausgleichszahlungen ausgehend vom Wert des vermachten Hausgrundstücks an die beiden anderen Erbinnen erfolgen sollen, die deren Erbteile wertmäßig aber nicht erreichen. Das Hausgrundstück sollte also vorweg einer der beiden Parteien zustehen, während die anderen beiden Erbinnen einen Ausgleich des Werts des vermachten Gegenstandes erhalten sollten. Das Hausgrundstück bzw. sein Wert sollte also insgesamt im Wege der Vorausvermächtnisse auf die Erben verteilt werden. Eine Anrechnung auf ihre Erbteile sollte nicht stattfinden; die Erbteile bezüglich des übrigen Nachlasses sind bei dieser vorweggenommenen Verteilung eines einzelnen Gegenstands bzw. dessen Wertes auf die Erben unbeachtlich.

Soweit die Beklagte in dem nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 11.7.2013 eingegangenen Schriftsatz vom 10.7.2013 ausführt, die Anordnung einer Ausgleichspflicht spreche für eine Teilungsanordnung und gegen Vorausvermächtnisse, verkennt sie, dass die Zuwendung des Hausgrundstücks eben nicht auf den Erbteil anzurechnen ist, wie dies bei einer Teilungsanordnung der Fall ist (Palandt/Weidlich, aaO, Rn 6), sondern nur ein Ausgleich für den Erhalt des zugewandten Gegenstands zu leisten ist, der aus dem Wert der erhaltenen Zuwendung zu erbringen ist.

2. Die Verpflichtungen zur Zahlung von je ¼ des Verkehrswerts des Hausgrundstücks an die übrigen beiden Miterbinnen stellen Untervermächtnisse gem. § 2186 BGB dar, mit denen derjenige der beiden Parteien beschwert sein sollte, die der das Hausgrundstück im Wege des Vorausvermächtnisses übernehmen würde. Die Verpflichtung der mit dem Untervermächtnis beschwerten Vermächtnisnehmerin wird erst dann fällig, wenn der mit dem Untervermächtnis Beschwerte seinerseits die Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses verlangen kann (§ 2186 BGB). Hier kann die Beklagte zum Zeitpunkt des Erbfalls zwar nicht mehr Erfüllung des Vermächtnisses verlangen, weil ihr der vermachte Gegenstand bereits zu Lebzeiten übertragen worden ist. Dies steht der Fälligkeit des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung von ¼ des Werts des Hausgrundstücks im Wege des Untervermächtnisses aber nicht entgegen.

Hier bestehen nämlich die Besonderheiten, dass das vermachte Hausgrundstück zum einen schon zu Lebzeiten an die Beklagte übertragen worden ist, ohne dass – zum anderen – zu diesem Zeitpunkt festgestanden hätte, welche der Parteien die Voraussetzungen für den Erwerb des Vermächtnisanspruchs zum Zeitpunkt des Erbfalls erfüllen würde. Diese besonderen Umstände stehen dem Anspruch der Klägerin gem. §§ 2174, 2186 BGB aber nicht entgegen.

3. Grundsätzlich erwirbt der Vermächtnisnehmer zwar auch dann, wenn das Vermächtnis auf einem Erbvertrag beruht, vor dem Eintritt des Erbfalls weder einen künftigen Anspruch noch eine rechtlich gesicherte Anwartschaft auf den Gegenstand des Vermächtnisses. Denn der Erblasser ist zu Lebzeiten weder durch Erbeinsetzungen noch durch Vermächtnisanordnungen gehindert, über einen Nachlass- bzw. Vermächtnisgegenstand frei zu verfügen (§ 2286 BGB). Hat der Erblasser über den Gegenstand des Vermächtnisses zu Lebzeiten mit der Folge verfügt, dass der Gegenstand des Vermächtnisses zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, so ist das Vermächtnis gem. §§ 2169 Abs. 1, 2171 Abs. 1 BGB in der Regel unwirksam; das würde über § 2186 BGB grundsätzlich dazu füh...

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