Leitsatz
Geschäftsgrundlage eines Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrags weichender Hoferben kann der Erhalt des Hofes in Familienbesitz sein. Hierbei muss der Erhalt des Hofes im Einflussbereich des den Hof übernehmenden Hoferben liegen. Die Erwartung, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrags noch nicht geborene Abkömmlinge des übernehmenden Hoferben den Hof weiterführen, kann daher nicht Geschäftsgrundlage der Parteien sein.
AG Ahaus, Beschluss vom 9. Mai 2018 – 8 Lw 107/17
Sachverhalt
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner (geb. am ... 1966) auf der ersten Stufe ihres Stufenbegehrens Auskunft im Hinblick auf etwaige, ihr in Anwendung des § 13 HöfeO zustehende Nachabfindungsansprüche.
Die Beteiligten sind Abkömmlinge des am ...2006 verstorbenen M1, geb. am ...1927, und der am ...2016 verstorbenen M2, geborene T, geb. am ...1935. Weitere Abkömmlinge sind M3 und C.
Die Eltern der Beteiligten waren Miteigentümer in Gütergemeinschaft des im Grundbuch von B1, Blatt ..., eingetragenen Ehegattenhofes gemäß der Höfeordnung.
Da sein 6 Jahre älterer Bruder M3 kein Interesse an der Übernahme und Fortführung des elterlichen Hofes hatte – er hatte Abitur gemacht und sollte ein Internat besuchen, um Priester zu werden –, entschloss sich der Antragsgegner in Abstimmung mit seinen Eltern die Hofnachfolge anzustreben. So verließ er schon in der 9. Klasse das Gymnasium, verzichtete auf ein Studium, um fortan zunächst eine landwirtschaftliche Ausbildung zu absolvieren. Im Jahre 1986 pachtete der Antragsgegner den elterlichen Hof.
Am ...1987 schlossen die Eltern der Beteiligten ohne Beteiligung des Antragsgegners mit ihren Kindern M3, der Antragstellerin und C vor dem Notar Q aus W unter der Urkundenrolle-Nr. .../1987 einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag einschließlich Abfindungsvereinbarung.
U. a. verpflichteten sich die Eltern der Beteiligten darin in § 1, an die Antragstellerin und ihre Kinder M3 und C zur Abfindung vom elterlichen Vermögen einen Betrag iHv je 10.000 DM zu zahlen. Die Antragstellerin und ihre Geschwister M3 und C verzichteten im Gegenzug in § 2 auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach ihren Eltern sowie auf Ansprüche aus § 13 HöfeO.
Wegen des konkreten Wortlauts der Vereinbarung wird auf den Inhalt des Vertrages vom 23.5.1987, Bl. 33 ff dA, Bezug genommen. Ebenfalls unter dem ...1987 setzten sich die Eltern der Beteiligten in einer notariellen letztwilligen Verfügung des Notars Q (Urkundenrolle-Nr. .../87) wechselseitig zu Erben sowie Anerben des anderen und im Falle der fehlenden anderweitigen Bestimmung durch sie den Antragsgegner als Erben und Anerben des Hofes M 4 nach dem Letztlebenden ein.
Wegen des konkreten Wortlautes wird auf die notarielle Verfügung vom ...1987, Bl. 46 ff dA, Bezug genommen.
In den Jahren 1995/1996 wurde beim Antragsgegner festgestellt, dass er an mehreren Allergien, u. a. an einer Eiweißallergie gegen Spinnen und Milben ("sog. Kuhhaarallergie"), sowie an einem Rückenleiden erkrankt ist. Nach ärztlicher Auskunft war er gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage, als Landwirt weiter zu arbeiten. Für alle Beteiligten, einschließlich der Antragstellerin, die wusste, dass der Antragsgegner erkrankt war und den Hof nicht würde dauerhaft fortführen können, war dies zum damaligen Zeitpunkt ein großer Schock. Der Antragsgegner gab die Landwirtschaft auf und beantragte im Jahre 1996 eine Umschulung zum Bankkaufmann, die er im Jahre 1998 begann und Mitte 2000 abschloss.
Ab ca. 1997 veräußerten der Vater der Beteiligten und der Antragsgegner sämtliches lebendes und totes Inventar des Hofes und verpachteten die Flächen fremd. Gebäude wurden als Unterstellmöglichkeit z. B. für Wohnmobile vermietet. Die Antragstellerin wohnte im Jahre 1997 einem Versteigerungstermin auf dem Hof bei.
Mit notariellem Vertrag des Notars Q aus W vom 30.6.1997 (Urkundenrolle-Nr. .../1997) übertrugen die Eltern der Beteiligten den Hof auf den Antragsgegner. Unter § 2 Ziffer 3 wird auf den Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom ...1987 (Urkunden-Nr. .../87) Bezug genommen. Unter § 12 stellt der Antragsgegner seine Geschwister von sämtlichen etwa entstehenden Pflegekosten für die Übertragsgeber frei.
Wegen des konkreten Wortlauts wird auf den Inhalt des Übertragsvertrages vom 30.6.1997, Bl. 36 d. A., Bezug genommen.
Die Hofstelle wurde seit September 1997 nicht mehr bewirtschaftet. Aus dem Erlös der Versteigerung eines Teils der Milchquote erhielten die Antragstellerin und die Schwester C vom Vater der Beteiligten als Abfindung jeweils weitere 20.000 DM. Dem Bruder erließ der Vater eine Restvaluta aus einem Darlehen iHv 30.000 DM.
Den im Übertragsvertrag vereinbarten Baraltenteil iHv monatlich 800 DM leiteten die Eltern der Beteiligten per Dauerauftrag für 5 Jahre an die Schwester C weiter. Für weitere 5 Jahre zahlten die Eltern monatlich 400 DM an die Schwester C, weil es ihr zum damaligen Zeitpunkt finanziell nicht gut ging. Am ...1997 wurde der Antragsgegner als Hofeigentümer im Grun...