Erbanteilsübertragung. Der Blick auf die in Art. 63 Abs. 2 formulierten zulässigen, eng definierten Zwecke des Nachlasszeugnisses legt nahe, dass eine erfolgte Erbanteilsübertragung nicht Inhalt des Zeugnisses sein kann. Diese resultiert nicht aus dem Erbfall, sondern ist ihm nachgelagert und tritt nicht von Gesetzes wegen ein, sondern basiert auf einem Rechtsgeschäft. Der Erwerber eines Erbanteils wird konsequenterweise auch nicht in Art. 63 Abs. 1 als antragsberechtigt erwähnt.
Erbauseinandersetzungen. Entsprechendes gilt grundsätzlich für Erbauseinandersetzungen. Art. 63 Abs. 2 erwähnt den Nachweis einer Erbauseinandersetzung nicht als Zweck des Nachlasszeugnisses. Dementsprechend kann das Nachlasszeugnis auch nicht als Nachweis für eine Erbauseinandersetzung genutzt werden. Die vorgelagerte Frage, ob der Anwendungsbereich der Verordnung Erbauseinandersetzungen als Inter-vivos-Rechtsgeschäfte überhaupt erfasst, braucht in diesem Zusammenhang daher nicht weiter erörtert zu werden.
Das Europäische Nachlasszeugnis ist darüber hinaus erst recht kein Ersatz für eine Erbauseinandersetzung oder Vermächtniserfüllung Inter-vivos und kann nicht zu diesem Zweck genutzt werden. Das Zeugnis beinhaltet zwar unter Umständen Angaben zu den Rechten und Vermögenswerten, die einem dinglich berechtigten Vermächtnisnehmer oder bestimmten Erben zustehen. Damit ist aber noch nicht eine ggfs. erforderliche Eigentumsübertragung durchgeführt. Diese ist unabhängig von der Zeugniserteilung und muss im Einzelfall von den Beteiligten selbst vorgenommen werden. Das Europäische Nachlasszeugnis als deklaratorischer Erbnachweis in der Tradition u. a. des deutschen Erbscheins macht lediglich Angaben zur Rechtsnachfolge von Todes wegen, nicht aber zu Rechtsgeschäften, die die Erben bzw. dinglichen Vermächtnisnehmer im Anschluss an den Erbfall vornehmen. Insoweit ist u. a. auf Art. 68 lit. i) hinzuweisen, der im Zusammenhang mit der Frage, welche Angaben im Europäischen Nachlasszeugnis zu machen sind, an verschiedenen Stellen die Rechtsnachfolge von Todes wegen anspricht, nicht aber Rechtsgeschäfte, die die Erben bzw. Vermächtnisnehmer im Anschluss an den Erbfall vornehmen, wie z. B. die Erbauseinandersetzung. Dass Art. 23 Abs. 1 lit. j) auch die Teilung des Nachlasses dem Recht unterstellt, das gemäß Artt. 21 ff auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden ist, steht dieser Lesart nicht entgegen, zumal Art. 23 nur die Reichweite der lex successionis regelt, nicht hingegen den Inhalt und insbesondere die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses. Im Gegenteil enthält Art. 69 Abs. 5 einen ausdrücklichen Verweis auf den sachenrechtlichen Anwendungsausschluss in Art. 1 Abs. 2 litt. k) und l).
Anders mögen Erbauseinandersetzungen ausländischen Rechts zu beurteilen sein, die nach dem anzuwenden Erbstatut mit der Fiktion einhergehen, dass die Auseinandersetzung unmittelbar auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückwirkt. Zwar sind auch solche Erbauseinandersetzungen dem Wortlaut von Art. 63 Abs. 2 nach nicht ausdrücklich als Zweck des Nachlasszeugnisses erfasst. Soweit aber das anwendbare Recht anordnet, dass der Erbe oder Vermächtnisnehmer so zu behandeln ist, wie er stünde, wenn er die ihm im Rahmen der Erbauseinandersetzung zugewiesenen Gegenstände unmittelbar vom Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls erhalten hätte, erscheint es sachgerecht, eine derart ausgestaltete Erbauseinandersetzung bei der Erteilung eines Zeugnisses zu berücksichtigen.