Keine andere Entscheidung des Senats in letzter Zeit ist auf größere Kritik gestoßen als die sog. "Kümmerer"-Entscheidung. Im zugrundeliegenden Fall hatte der Erblasser mit formgerecht errichtetem Testament sein Haus und seine anderen Sachen dem hinterlassen, der "sich bis zu meinem Tode um mich kümert." Kern der Kritik war, der Senat habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 2065 Abs. 2 BGB bejaht. Im Wege der wohlwollenden Auslegung hätte erforscht werden müssen, welche Person(en) nach den vorgegebenen Kriterien des Erblassers unter Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse seine gewillkürten Erben sein sollte(n), zu Unrecht sei der Senat davon ausgegangen, dass er selbst "Dritter" im Sinne des § 2065 Abs. 2 BGB sei.
§ 2065 Abs. 2 BGB war allerdings lediglich Ausgangspunkt der Entscheidung, da der Erblasser gerade keine bestimmte Person als seinen Erben eingesetzt hatte. Nach § 2065 Abs. 2 BGB kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung aufgrund letztwilliger Verfügung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen. Das bedeutet, dass der Erblasser im Hinblick auf die Individualisierung eines Bedachten seinen Willen nicht in der Weise unvollständig äußern darf, dass es einem Dritten überlassen bleibt, nach Belieben oder Ermessen den Erblasserwillen in wesentlichen Teilen zu ergänzen. Nur die Bezeichnung, nicht die Bestimmung darf also einem Dritten übertragen werden. Insofern müssen die Hinweise im Testament so genau sein, dass eine jede mit genügender Sachkunde ausgestattete Person den Bedachten bezeichnen kann, ohne dass deren Ermessen auch nur mitbestimmend ist.
Die Bezeichnung der Personen, die die Bezeichnungskriterien des Erblassers erfüllen, ist aber erst der zweite Schritt der Auslegung der letztwilligen Verfügung in Bezug auf die vom Erblasser bestimmten Erben. Diesem zweiten Schritt vorgelagert ist als erster Schritt die Prüfung, ob die vom Erblasser gewählten Bestimmungshinweise als solche überhaupt bestimmt genug sind, um die vom Erblasser bereits bestimmte Person zu konkretisieren. Diese Prüfung im ersten Auslegungsschritt war der Grund für die Entscheidung des Senats, nicht aber die daran anschließende erst im zweiten Schritt erfolgende Bezeichnung der Person des Erben als solche!
Es stellte sich für den Senat zunächst die Frage, welchen Bedeutungsinhalt der Erblasser der von ihm gewählten Formulierung des "Kümmerns" nach seinem Begriffsverständnis beigemessen hat. Insoweit kam der Senat zu dem Ergebnis, dass die gewählte Formulierung so vage ist, dass die Beantwortung der Frage, ob sich jemand nach Testamentserrichtung bis zum Tode des Erblassers in der Art und Weise um den Erblasser gekümmert hat, wie es dieser erwartet hätte, von dem jeweiligen Begriffsverständnis des die Person des Bedachten zu bestimmenden Dritten abhängig ist. Das Testament ließ bereits offen, an welche Art des "Kümmerns" der Erblasser gedacht hat. Es war nicht zu klären, ob mit diesem Begriff die körperliche Pflege gemeint war oder die Hilfe bei der Hausarbeit, eine seelische Stütze, die Erledigung finanzieller Angelegenheiten oder etwa nur allgemein ein Schenken von Aufmerksamkeit. Demgemäß war mangels näherer Anhaltspunkte für die Auslegung der Begriff des "Kümmerns" für eine Bezeichnung der Person des Erben zu unbestimmt. Daher konnte auch nicht in einem zweiten Schritt die Bestimmung des Namens des Erben erfolgen.