Ich kann den Ausführungen des BGH nicht in allen Punkten zustimmen. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten waren hier in insgesamt drei verschiedenen gebührenrechtlichen Angelegenheiten tätig.
Abmahnung
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten hatten von dieser offensichtlich zunächst im Rahmen eines Vertretungsmandates den Auftrag erhalten, die Klägerin wegen eines Wettbewerbsverstoßes vorgerichtlich abzumahnen. Dies löst eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus. Von dieser Fallgestaltung ist der BGH hier ausgegangen.
Dem RA kann jedoch auch sogleich der unbedingte Auftrag erteilt werden, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Dann gehört die vorherige Abmahnung gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug und wird durch die im Verfügungsverfahren angefallene Verfahrensgebühr mit abgegolten.
Einstweilige Verfügung
Sodann hatte die Beklagte ihre Prozessbevollmächtigten auch mit ihrer Vertretung im Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung beauftragt. Das Einreichen des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung hat die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG ausgelöst. Die weitere Vertretung im Verfügungsverfahren nach Einlegung des Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung gehört gem. § 16 Nr. 6 RVG zur selben Angelegenheit. Eine weitere Verfahrensgebühr kann der RA für seine weitere Tätigkeit somit nicht berechnen, was der Rechtspfleger bei Erlass seines zweiten Kostenfestsetzungsbeschlusses und der Rechtsanwalt der Klägerin nach dessen Erhalt nicht bemerkt hatten.
Für die Vertretung in dem Verhandlungstermin ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG angefallen.
Nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG und § 15a Abs. 1 RVG ist nach der Wahl des Rechtsanwalts entweder die für die Abmahnung entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die im Verfügungsverfahren entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen oder die Anrechnung erfolgt anteilig auf die Geschäftsgebühr selbst. Von der letztgenannten Möglichkeit hatten hier die Prozessbevollmächtigten der Beklagen Gebrauch gemacht und folglich lediglich eine 0,65 Geschäftsgebühr für die Abmahnung zur Aufrechnung gestellt.
Abschlussschreiben
Erteilt der Antragsteller – hier die Beklagte – dem Prozessbevollmächtigten nach Erwirken der einstweiligen Verfügung einen weiteren Vertretungsauftrag zur Fertigung eines Abschlussschreibens, so fällt ihm hierfür eine zweite Geschäftsgebühr an. Die entsprechende Tätigkeit ist gegenüber der Abmahnung eine gesonderte Angelegenheit, so BGH RVGreport 2009, 261 = NJW 2009, 2068 = AGS 2009, 261 = JurBüro 2009, 358. Der Auftrag zur Fertigung des Abschlussschreibens gehört nämlich zur angedrohten Hauptsache. Kommt es dann nicht zum Hauptsacheprozess, so können die Anwaltskosten für die Fertigung des Abschlussschreibens vom Gegner auf Grund eines materiell-rechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs ersetzt verlangt werden, so BGH RVGreport 2008, 184 (Hansens) = NJW 2008, 1744 = AGS 2008, 270 = JurBüro 2008, 361 und der BGH hier.
Ist dem RA jedoch bereits der unbedingte Auftrag für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens erteilt worden, so gehört die Fertigung des Abschlussschreibens gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Gebührenrechtszug und wird durch die dort angefallene Verfahrensgebühr abgegolten, so BGH NJW 1973, 901 = JurBüro 1973, 409 und 825. Diese Rechtslage hatte der BGH in seiner Entscheidung RVGreport 2009, 261 (Hansens) übersehen.
Hier hatte die Beklagte ihrem Prozessbevollmächtigten offensichtlich keinen Prozessauftrag für die Hauptsacheklage erteilt, da dies im Hinblick auf die Erklärungen der Klägerin im Verhandlungstermin nicht erforderlich war.
Demgegenüber kann ich der Auffassung des BGH hier nicht zustimmen, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei lediglich eine 0,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG angefallen. Diese Gebührenvorschrift kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich der Auftrag auf die Fertigung eines Schreibens einfacher Art beschränkt, so bereits BGH NJW 1983, 2451 = JurBüro 1983, 1498 = AnwBl 1983, 512 für die Vorgängerregelung des § 120 Abs. 1 BRAGO. Für einen solchermaßen beschränkten Auftrag der Beklagten ist nichts ersichtlich. Vielmehr hat der BGH hier lediglich auf den Umfang der Tätigkeit der Anwälte abgestellt. Die Anwaltstätigkeit ist jedoch für die Abgrenzung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von der Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG gerade nicht maßgebend.
Allenfalls hätte der BGH prüfen können, ob für die Beklagte die Erteilung eines umfassenden, die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslösenden Vertretungsauftrages erforderlich war. Dies ist hier anzunehmen, weil ein lediglich auf die Fertigung der Abschlusserklärung beschränkter Auftrag nicht sämtliche erforderlichen Anwaltstätigkeiten abdeckt. Der mit der Fertigung eines Abschlussschreibens beauftragte Anwalt hat nämlich nicht lediglich ein solches Abschlussschreiben zu fertigen. Vielmehr umfasst dieser Auftrag auch – wovon der BGH hier auch ausgeht – die Überwachung, ob di...