BGB §§ 251 Abs. 2 S. 1, 833; StVG §§ 7, 17, 18; StVO §§ 1 Abs. 2, 25 Abs. 1 S. 3, Hs. 2; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
1. Fährt der Fahrer eines Traktors auf einem Wirtschaftsweg von 3,30 Metern Breite bergab mit einer Geschwindigkeit von 25-30 km/h, verletzt er seine Verpflichtung gegenüber einer entgegenkommenden Fußgängerin, die Hunde ausführt, deren Gefährdung oder Schädigung zu vermeiden.
2. Die unfallursächliche Auswirkung der Tiergefahr eines dabei verletzten Tieres ist mit einem Drittel zu bewerten.
3. Die Kosten der Heilbehandlung eines bei einem Unfall verletzten Hundes von 12.290,20 SFR unter Berücksichtigung der mitwirkenden Tiergefahr sind bei einem mit großem Zeitaufwand als Wach- und Sporthund ausgebildeten Rassehund ersatzfähig.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Konstanz, Urt. v. 23.2.2010 – 3 O 96/09 D
Sachverhalt
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung eines Hundes ihrer Tochter bei dem Betrieb eines Traktors des Beklagten zu 1), der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, geltend.
Die Tochter der Klägerin L befand sich in Begleitung ihres Schäferhundes Akira von Hohenfels und eines weiteren ihr gehörenden Hundes auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg der Gemeinde O-N. Der Weg führte in Laufrichtung von Frau L hangaufwärts in Richtung der Gemarkung H. Frau L ging in Begleitung ihrer Hunde auf der rechten Seite des Weges. Der Beklagte zu 1) befuhr mit seinem Traktor mit Anhänger den Wirtschaftsweg entgegen der Laufrichtung von Frau L hangabwärtsfahrend. An der Stelle der Begegnung des Beklagten zu 1) und von Frau L wies die asphaltierte Fahrbahn eine Breite von mindestens 3,30 Metern auf. Der von dem Beklagten zu 1) gesteuerte Traktor mit Anhänger verfügte über eine Spurbreite von 2,20 Metern. Mit der Klage hat die Klägerin, deren Tochter Frau L ihre Schadensersatzansprüche abgetreten hat, die Beklagten auf Ersatz von Tierarztrechnungen für den Hund Akira mit der Behauptung in Anspruch genommen, Akira sei bei dem Vorbeifahren des Traktors erfasst und unter dessen Anhänger geschleudert worden, wobei er erhebliche Verletzungen erlitten habe. Der Beklagte zu 1) habe den Unfall dadurch herbeigeführt, dass er mit dem Traktor nicht ausreichend weit rechts und mit überhöhter Geschwindigkeit von 30–40 km/h an Frau H vorbeigefahren. Die in den Tierarztrechnungen der Kleintierklinik und des erstbehandelnden Tierarztes seien erforderlich gewesen, um den Rassehund zu behandeln. Die Beklagten haben den Unfall für unabwendbar gehalten und hierzu ausgeführt, der Beklagte zu 1) habe die Geschwindigkeit des Traktors auf 20-30 km/h verringert und sei äußerst rechts gefahren. Der Hund sei dem Beklagten zu 1) in die Fahrspur des Traktors gerannt, womit der Beklagte zu 1) nicht habe rechnen müssen. Eine vollständige Erstattung der Tierarztrechnung sei deshalb ausgeschlossen, weil eine kostengünstigere Behandlung in Deutschland möglich gewesen sei. Die Eigentümerin des Hundes, Frau L ist als Zeugin über den Unfallhergang vernommen worden. Sodann hat das LG die Beklagten unter Anrechnung einer mitwirkenden Tiergefahr von einem Drittel zum Schadensersatz verurteilt.
2 Aus den Gründen:
"Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Beklagten Ziffer 1 und 2 sind gem. §§ 18 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz a.F. (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG n.F.) verpflichtet, der Klägerin aus abgetretenem Recht ihrer Tochter (§ 398 BGB) Schadensersatz für die Verletzung des Hundes zu leisten (1. und 2.). Die Klägerin muss sich jedoch die mitwirkende Tiergefahr ihres Hundes im Umfange von einem Drittel anrechnen lassen (3.), sodass sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 12.290,20 EUR ergibt (4.)."
1. Gem. §§ 18 Abs. 1, 7 Abs. 1 StVG ist der Führer eines Kraftfahrzeuges zum Schadensersatz verpflichtet, wenn beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers eine Sache beschädigt wird. Etwas anderes gilt gem. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG nur dann, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht worden ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte Ziffer 1 jedenfalls gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht gem. § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Dies hat der Beklagte Ziffer 1 nicht beachtet:
Bei seiner eigenen Einlassung im Termin hat er eingeräumt, dass er sich mit seinem Traktor mit Anhänger nicht am äußersten rechten Rand der Fahrbahn gehalten habe. Hätte er dies getan, hätte er einen Seitenabstand zu dem aus seiner Richtung gesehen linken Fahrbahnrand, an dem sich Frau L mit ihren Hunden befand, von jedenfalls einem Meter einhalten können. Zudem hatte er seine Geschwindigkeit nicht deutlich reduziert. Er gab an, dass er die Straße mit einer Geschwindigkeit von 25 bis 30 km/h bergab gefahren sei; dies s...