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1. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die auf Feststellung des Fortbestandes eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages und auf die Erbringung von Leistungen nach einem behaupteten Versicherungsfall gerichtete Klage zu Recht abgewiesen …
a) Der Kl. hat gegen die Bekl. keinen Anspruch auf Erbringung von Rentenzahlungen nebst Zinsen, auf Rückzahlung geleisteter Prämien und auf Feststellung der Befreiung von der Prämienzahlungspflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag. Es besteht ein wirksamer Leistungsausschluss für Erkrankungen der Wirbelsäule (unten aa), und die vom Kl. geltend gemachte Berufsunfähigkeit aufgrund von Schmerzen der Wirbelsäule ist von diesem Leistungsausschluss erfasst (unten bb).
aa) Der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag beinhaltet einen rückwirkend ab Vertragsschluss geltenden Leistungsausschluss für Erkrankungen der Wirbelsäule.
(1) Dies ergibt sich schon aus der vertraglichen Einigung der Parteien über die Geltung eines solchen Leistungsausschlusses.
(a) Davon, dass die Bekl. in treuwidriger Weise auf die Entscheidung des Kl., den Leistungsausschluss zu akzeptieren, Einfluss genommen hätte, kann keine Rede sein.
(b) Entgegen der Auffassung des Kl. in der Berufungsbegründung ergibt eine Auslegung der beiderseitigen Erklärungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB eindeutig, dass dieser Leistungsausschluss rückwirkend ab Vertragsschluss gelten sollte. Empfangsbedürftige Willenserklärungen, bei deren Verständnis regelmäßig auch der Verkehrsschutz und der Vertrauensschutz des Erklärungsempfängers maßgeblich ist, sind so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (st. Rspr, vgl. statt vieler BGH, VersR 2013, 779).
Für einen objektiven Empfänger in der Position des Kl. ergab sich aus dem Schreiben der Bekl. vom 10.11.2018 eindeutig, dass diese von einer Verletzung der Anzeigepflicht insofern ausging, als der Kl. bei Antragstellung diverse Behandlungen wegen Rückenschmerzen verschwiegen habe. In dem Schreiben heißt es weiter ausdrücklich:
"Bei Kenntnis Ihrer Beschwerden vor Antragstellung hätten wir die Berufsunfähigkeitsversicherung nur mit einem Leistungsausschluss für Erkrankungen der Wirbelsäule angenommen."
Angesichts dessen war für einen objektiven Empfänger in der Position des Kl. auch ohne ausdrückliche Klarstellung unschwer zu erkennen, dass der im weiteren Verlauf angesprochene Leistungsausschluss nur den Sinn haben konnte, Erkrankungen an der Wirbelsäule rückwirkend vom Versicherungsschutz auszunehmen. Denn die Bekl. teilte ausdrücklich mit, dass sie bei ordnungsgemäßer Information über die Vorbehandlungen des Kl. einen ebensolchen Leistungsausschluss von Anfang an zur Voraussetzung für den Vertragsschluss gemacht hätte.
Maßgeblich ist damit für die Auslegung der beiderseitigen Erklärungen entgegen dem Vorbringen des Kl. im Schriftsatz vom 3.5.2021 nicht, ob die Bekl. sich einseitig von dem Vertrag hätte lösen können oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass die Erklärung der Bekl. ersichtlich auf einen rückwirkenden Ausschluss abzielte. Es liegt geradezu fern anzunehmen, dass die Bekl. bei der Prüfung eines Versicherungsfalls wegen Beschwerden der Wirbelsäule einerseits eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gerade wegen des Verschweigens von Rückenschmerzen geltend macht, andererseits aber dennoch einen Leistungsausschluss nur für die Zukunft vereinbaren und hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden Versicherungsschutz gewähren will.
(c) Selbst wenn der Kl. womöglich – trotz des objektiv anderen Inhalts seiner Erklärung, siehe oben – davon ausgegangen sein sollte, er stimme nur der Einbeziehung eines Leistungsausschlusses für die Zukunft zu, hat der anwaltlich vertretene Kl. eine Anfechtung seiner Willenserklärung, mit der den Leistungsausschluss akzeptierte, nicht fristgerecht erklärt.
(d) Die Bekl. ist auch nicht unter Schadensersatzgesichtspunkten gemäß § 6 Abs. 1, 4 und 5 VVG daran gehindert, sich auf die Rückwirkung des Leistungsausschlusses zu berufen. Wie bereits dargelegt war für einen objektiven Empfänger in der Position des Kl. offensichtlich, dass der Leistungsausschluss nur den Sinn haben konnte, auch rückwirkend Ansprüche des Kl. wegen Wirbelsäulenbeschwerden auszuschließen. Davon, dass – wie es der Kl. in seinem Schriftsatz vom 3.5.2021 geltend macht – die Bekl. die Rückwirkung des Ausschlusses "verschleiert" habe, kann vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Bekl. hierüber nicht noch einmal gesondert gemäß § 6 Abs. 4 VVG beraten musste.
(2) Im Übrigen wären aber auch die Voraussetzungen für eine einseitige rückwirkende Einbeziehung des Leistungsausschlusses gemäß § 19 Abs. 4 S. 2 VVG erfüllt. Der Vortrag des Kl. im Schriftsatz vom 3.5.2021, wonach die Parteien einen nachträglichen Leistungsausschluss nur im wechselseitigen Einvernehmen vereinbaren konnten, trifft nicht zu.
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