RVG § 5 § 10; VV RVG Nr. 3104; ZPO § 91 Abs. 2 S. 1 § 103 § 104 Abs. 2 Satz 1 § 294

Leitsatz

Der Hauptbevollmächtigte kann im Kostenfestsetzungsverfahren auch dann eine eigene Terminsgebühr abrechnen, wenn der Verhandlungstermin von einem Unter- oder Terminsbevollmächtigten wahrgenommen wurde und diesbezüglich keine Mehrkosten geltend gemacht werden. Der Vorlage einer Kostenrechnung des Unterbevollmächtigten bedarf es nicht.

OLG Bamberg, Beschl. v. 29.9.2022 – 1 W 43/22

1 Sachverhalt

Der Kläger hatte gegen die Beklagte vor dem LG Würzburg Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung geltend gemacht. In den Verhandlungsterminen vom 24.6.2020 und vom 22.9.2021 ließen sich die Beklagtenvertreter jeweils durch von ihnen im eigenen Namen bevollmächtigte Rechtsanwälte vertreten. Das LG Würzburg hat die Klage durch das rechtskräftig gewordene Endurteil vom 6.10.2021 abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte mit Antrag vom 7.10.2021 Anwaltskosten in Höhe von 2.070,60 EUR brutto geltend gemacht, wobei im Antrag eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG enthalten war. Mit Verfügung vom 4.4.2022 forderte der mit dem Kostenfestsetzungsantrag befasste Rechtspfleger des LG Würzburg die Beklagte zur Vorlage der Kostenrechnung des Terminsvertreters mit der Begründung auf, es könnten nur tatsächlich entstandene Kosten vom Gegner erstattet verlangt werden.

Hierauf teilten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten um die bei ihnen – den Hauptbevollmächtigten – entstandene Terminsgebühr handele und zusätzliche Kosten für Terminsvertreter gar nicht geltend gemacht würden.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.5.2022 setzte der Rechtspfleger des LG Würzburg die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten fest, ohne die Terminsgebühr zu berücksichtigen. Die Absetzung begründete der Rechtspfleger unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH v. 13.7.2011 – IV ZB 8/11- zfs 2011, 582 m. Anm. Hansens = AGS 2011, 568 = RVGreport 2011, 380 (Hansens) damit, die beantragte Terminsgebühr könne mangels Vorlage einer Kostennote des jeweiligen Terminsvertreters nicht erstattet verlangt werden. Eine solche Kostenberechnung sei auch deshalb vorzulegen, weil nur tatsächlich entstandene Kosten erstattungsfähig seien.

Mit ihrer hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die Beklagte geltend gemacht, der Termin am 22.9.2021 sei lediglich durch einen von ihren Hauptbevollmächtigten im eigenen Namen beauftragten Terminsvertreter wahrgenommen worden. Weiter Kosten wie etwa eine Gebühr nach Nr. 3401 VV RVG seien weder angefallen noch würden sie geltend gemacht.

Der Rechtspfleger des LG Würzburg hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Akte dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorgelegt. Dies hat er damit begründet, die Beklagtenvertreter hätten den Termin selbst nicht wahrgenommen, weshalb auf deren Seite eine Termingebühr nicht angefallen sei. Für den Terminsvertreter sei hingegen keine Terminsgebühr geltend gemacht worden.

2 Aus den Gründen:

II.

[10] "Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses in Höhe der bislang nicht festgesetzten 1,2-fachen Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG."

[11] Die Terminsgebühr ist im vorliegenden Fall durch die Tätigkeit der Terminsvertreter als Erfüllungsgehilfen der Prozessbevollmächtigten gemäß § 5 RVG angefallen und nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO in voller Höhe erstattungsfähig. Auf die Höhe der zwischen den Rechtsanwälten vereinbarten Vergütung kommt es nicht an, weshalb auch die Vorlage einer entsprechenden Kostennote entbehrlich war.

[12] 1. Die Beklagtenvertreter haben unwidersprochen vorgetragen, dass die Terminsvertreter als deren Erfüllungsgehilfen gehandelt und die Terminsgebühr für diese verdient haben. Die Beklagte hat auch folgerichtig die Erstattung einer Gebühr nach Nr. 3104 VV RVG und nicht nach Nr. 3402 VV RVG verlangt. Dass der jeweilige Terminsvertreter ausschließlich für die Hauptbevollmächtigten tätig geworden ist, wurde auch vom LG im Rahmen der angegriffenen Entscheidung nicht infrage gestellt.

[13] Erteilt der Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen einem Terminsvertreter den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen. Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird kein Vertragsverhältnis begründet. Die Entschädigungspflicht richtet sich vielmehr nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters in diesem Fall auch einzustehen hat (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.7.2017 – 8 W 321/15, Rn 6, AGS 2017, 540 = RVGreport 2017, 428 (Hansens), zustimmend hierzu Mayer, NJW 2017, 3426, 3428; OLG Naumburg, Beschl. v. 28.9.2021 – 2 W 40/21, Rn 8, juris; BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 122/98, Rn 24, AGS 20...

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