[5] I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil unter anderem in DAR 2022, 451 veröffentlicht ist, steht der Klägerin gegen die Beklagten aus § 10 Abs. 3 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG dem Grunde nach ein Anspruch auf Hinterbliebenengeld zu. Bei der Bemessung der Anspruchshöhe, der Erwägungen der Angemessenheit zugrunde zu legen seien und bei der § 287 ZPO Anwendung finde, biete der in der Kostenschätzung des Gesetzentwurfs zur Einführung des Hinterbliebenengeldes genannte Betrag von 10.000 EUR einen greifbaren und praktikablen Ausgangspunkt bei der den Gerichten zugewiesenen Einzelfallprüfung und eröffne – unter Berücksichtigung der den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände – eine flexible Handhabung durch Anpassung des Hinterbliebenengeldes nach unten oder nach oben.
[6] Vor diesem Hintergrund teilt das Berufungsgericht die Auffassung des Landgerichts, dass der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung eines den Betrag von 12.000 EUR übersteigenden Hinterbliebenengeldes nicht zusteht. Die vom Landgericht aus der seinerzeit noch bestehenden Hausgemeinschaft gefolgerte tatsächlich gelebte enge soziale Beziehung der Klägerin zu ihrem Vater, die eine moderate Erhöhung des Hinterbliebenengeldes rechtfertige, habe sich nach persönlicher Anhörung der Klägerin bestätigt. Frei von Rechtsfehlern sei auch, dass das Landgericht die wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin von ihrem Vater bei der Bemessung des Hinterbliebenengeldes unberücksichtigt gelassen habe. Denn dieser Gesichtspunkt sei für die Höhe des auf Entschädigung des eigenen Gefühlschadens des Hinterbliebenen gerichteten Anspruchs auf Hinterbliebenengeld irrelevant. Entsprechend verhalte es sich sowohl für die von der Klägerin vorgetragenen Auswirkungen des Unfalltods des Vaters auf den autistischen Bruder der Klägerin und die für sie damit einhergehenden Beeinträchtigungen als auch für die zunächst bestrittene strafrechtliche Verantwortung durch die Beklagte zu 1, zumal die Klägerin unter anderem nicht vorgetragen habe, dass dadurch ihr durch den Unfalltod ihres Vaters erlittenes seelisches Leid erhöht worden sei.
[7] II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
[8] 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagten wegen des Unfalltods ihres Vaters dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung eines Hinterbliebenengeldes aus § 18 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 3 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG zusteht. Die Beklagten haben der Klägerin daher als Gesamtschuldner für das ihr zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten.
[9] 2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung durch das Berufungsgericht.
[10] a) Zwar ist die Bemessung der Höhe der angemessenen Entschädigung grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt und sich um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Ausmaß des durch den Tod zugefügten seelischen Leids bemüht hat. Die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung kann in aller Regel nicht schon deshalb beanstandet werden, weil sie als zu dürftig oder als zu reichlich erscheint; insoweit ist es der Revision verwehrt, ihre Bewertung an die Stelle des Tatrichters zu setzen (vgl. Senatsurt. v. 6.12.2022 – VI ZR 73/21, VersR 2023, 256 Rn 11 m.w.N.).
[11] b) Die Revision rügt aber zu Recht, dass die Erwägungen des Berufungsgerichts zu den Grundlagen der Bemessung von Rechtsfehlern beeinflusst sind.
[12] aa) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Festsetzung der Hinterbliebenenentschädigung nicht lediglich eine schematische Bemessung vorgenommen werden darf, sondern die konkrete seelische Beeinträchtigung des betroffenen Hinterbliebenen zu bewerten ist und hierbei die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen sind (vgl. dazu näher Senatsurt. v. 6.12.2022 – VI ZR 73/21, VersR 2023, 256 Rn 13 ff.). Entgegen der Ansicht der Revision ist dabei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den in dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD genannten Betrag in Höhe von 10.000 EUR (BT-Drucks. 18/11397, S. 11) als Orientierungshilfe für die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung angesehen hat, von der allerdings unter Berücksichtigung der den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände nach unten oder oben abgewichen werden kann (ausführlich dazu Senat a.a.O. Rn 18).
[13] bb) Anders als die Revision meint, liegt auch kein Rechtsfehler darin, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zu ihrer aufgrund eines im Oktober 2020 begonnenen Studiums bes...