“ … II. Das Urteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den vollständigen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des LG fehlte dem Angeklagten beim Führen des Kraftfahrzeuges am 5.3.2007 – die objektive Strafbarkeit seines Tuns unterstellt – jedenfalls die Einsicht Unrecht zu tun, wobei er diesen Irrtum i.S.d. § 17 S. 1 StGB nicht vermeiden konnte. Er ist daher aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
1. Ob eine während laufender Sperrfrist in einem EU-Mitgliedsstaat erworbene Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist in Deutschland zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt, ist in der obergerichtlichen Rspr. umstritten.
Das OLG Stuttgart, 1. Strafsenat (NStZ-RR 2007, 271 ff.) hat am 15.1.2007 entschieden, dass eine während des Laufs einer deutschen Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat der EU erteilte Fahrerlaubnis gem. § 28 Abs. 4 Nr. 4 FEV unwirksam ist. Das zunächst unwirksame Verwaltungshandeln könne auch nicht nachträglich durch Ablauf der Sperrfrist wirksam werden, weshalb die während der Sperrfrist erworbene Fahrerlaubnis auch nach deren Ablauf in Deutschland auf Dauer nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtige.
Demgegenüber vertreten mehrere andere Oberlandesgerichte die Auffassung, dass die Wirksamkeit der von einem Mitgliedstaat während einer Sperrfrist erteilten Fahrerlaubnis nicht infrage stehe. Die Fahrerlaubnis sei nach den Regeln des Ausstellungsstaates ohne weiteres wirksam. § 28 Abs. 4 Nr. 4 FEV regle nicht die Wirksamkeit einer solchen Fahrerlaubnis – was auch dem Territorialitäts- und Souveränitätsprinzip widersprechen würde – sondern nur die Frage, inwieweit die (gültige) Fahrerlaubnis in Deutschland zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtige. Dies sei nach Ablauf der Sperrfrist der Fall (vgl. OLG Nürnberg, NStZ-RR 2007, 269 ff.; OLG München, NJW 2007, 1152 ff. [= zfs 2007, 170]; Thüringer OLG, DAR 2007, 404 f.; OLG Bamberg, Beschl. vom 24.7.2007, 3 Ss 132/06 – veröffentlicht in juris –).
Der Europäische Gerichtshof hat in den Entscheidungen Kapper (NJW 2004, 1725 ff. [= zfs 2004, 287]) und Halbritter (NJW 2006, 2173 ff. [= zfs 2006, 416]) jeweils ausgesprochen, dass die Fahrerlaubnis eines Mitgliedstaates, die nach Ablauf einer deutschen Sperrfrist erteilt worden sei, in Deutschland zum Führen von Kraftfahrzeugen unabhängig davon berechtige, ob in Deutschland die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gegeben seien. Die vorliegende Fallkonstellation, der Erteilung einer Fahrerlaubnis während des Laufs der Sperrfrist, ist vom Europäischen Gerichtshof bisher nicht entschieden. Sie ist Gegenstand des auf Grund eines Vorlagebeschlusses des AG Landau vom 2.5.2007 beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahrens C-225/07.
2. Der Senat kann die dargestellte Streitfrage dahinstehen lassen, da sie für das vorliegende Verfahren letztlich nicht entscheidungserheblich ist. Auch wenn man unterstellte, dass die tschechische Fahrerlaubnis den Angeklagten zu seiner Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr am 5.3.2007 nicht berechtigte, hätte er hierbei jedenfalls ohne Schuld gehandelt, da er sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hätte.
Das angefochtene Urteil hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass beim Angeklagten ein Verbotsirrtum vorlag, da dieser der Auffassung war, er dürfe mit der tschechischen Fahrerlaubnis auch in Deutschland Kraftfahrzeuge führen. Da dem Angeklagten somit das Unrechtsbewusstsein fehlte, kann er für sein Verhalten nur bestraft werden, wenn – die objektive Strafbarkeit seines Tuns unterstellt – dieser Irrtum vermeidbar bzw. vorwerfbar war, wobei beide Begriffe bedeutungsgleich verwendet werden (S/S-Cramer/Steinberg-Lieben, StGB, 27. Aufl., Rn 13 zu § 17 m.w.N.). Das LG ist zu unrecht davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Irrtum i.S.d. § 17 S. 2 StGB hätte vermeiden können.
a) Nach allgemeiner Meinung sind beim Vorliegen einer unklaren Rechtslage zunächst alle intellektuellen Erkenntnismittel auszuschöpfen (S/S-Cramer/Steinberg-Lieben, a.a.O., m.w.N.). Darüber hinaus trifft den Rechtsunkundigen in einem solchen Fall die Pflicht, die erforderlichen Auskünfte einzuholen (BGHSt 4, S. 242; Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., Rn 9 zu § 17 m.w.N).
Vorliegend war die Rechtsfrage zum Tatzeitpunkt ungeklärt. Dies war dem Angeklagten nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils bewusst. Die tschechische Führerscheinstelle hatte ihm mitgeteilt, sein Verhalten sei straflos. Zwei Polizisten hatten ihm bei zwei Kontrollen jeweils den tschechischen Führerschein belassen und die Weiterfahrt gestattet. Die deutsche Führerscheinbehörde vermochte die Wirksamkeit der tschechischen Fahrerlaubnis zunächst ebenfalls nicht sicher zu beurteilten, informierte ihn dann kurz darauf per Telefax, dass diese Fahrerlaubnis ihn in Deutschland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtige. Eine Erkundigung bei seinem Verteidiger hatte ergeben, dass dieser keine Zweifel daran hatte, dass er am Straßenverkehr teilnehmen dürfe, das OLG Stuttgart jedoch inso...